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Wir nehmen Al mit 4 % Cu (Gewichtsprozent). Um das Cu komplett
atomar zu verteilen, halten wir die Legierung einige Zeit bei T > 550 oC. |
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Das Phasendiagramm zeigt eindeutig, daß dann die Löslichkeit
höher liegt als 4 %. |
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Anschließend wird abgeschreckt, (engl. "to quench"),
d.h. so schnell als möglich abgekühlt - z.B indem man die Proben in kaltes Wasser oder Öl fallen läßt. |
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Danach bringen wir die Proben auf z.B. 150 oC (sie werden getempert)
und messen jetzt in regelmäßigen Zeitabständen (bei Raumtemperatur) RP an einer
Probe, die wir zu diesem Zweck entnehmen (und anschließend entsorgen). Tage und Wochen lang, eine Probe nach der anderen,
bis wir keine mehr haben. |
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Ein aufwendiges und langwieriges Experiment, insbesondere falls wir das ganze dann noch für
andere Tempertemperaturen und Cu Konzentrationen wiederholen. |
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Was wir erhalten, sieht so aus: |
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RP sinkt erst deutlich, steigt dann in zwei "Wellen"
an, um dann langsam wieder zu sinken (man beachte die logarithmische Zeitskala). Was geschieht? |
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Das Phasendiagramm sagt uns, daß im thermodynamischen Gleichgewicht bei
150 oC die Phase a (= Al + ca. 0,1 % Cu) und Q
(= CuAl2) nebeneinander vorliegen. Da wir sehr viel mehr Al als Cu haben, erwarten wir CuAl2-Ausscheidungen
in einer (Al + 0,1 % Cu) Matrix. |
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Wir starten aber mit atomar verteiltem Cu. Was
wir an der RP(t) Kurve ablesen können, ist der Weg
ins Gleichgewicht, die Kinetik der CuAl2-Ausscheidungsbildung
und die Wirkung des sich ändernden Gefüges auf RP. |
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Wie sich die Ausscheidungen bilden, können wir nicht ohne weiteres wissen.
Hier kommt sie Analytik ins Spiel; insbesondere die Durchstrahlungselektronenmikroskopie
(TEM)
und diverse Röntgenmethoden. |
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Nach dem RP Test untersuchen wir die Probe auf ihre exakte Mikrostruktur.
Das Experiment ist jetzt eine Doktorarbeit - falls wir in der Lage sind, die gesamte Theorie noch anzuhängen, und damit
die experimentellen Befunde zu erklären. |
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Was ist nun geschehen? Das ist - im großen ganzen - gar nicht schwer zu
verstehen: |
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Wir starten mit atomar gelösten Fremdatomen in relativ hoher Konzentration - wir erwarten
damit ausgeprägte Mischkristallhärtung (engl."Solution hardening") und damit ein erhebliches größeres
RP als in reinem Al zu Beginn der Messung. |
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Ausscheidungsbildung heißt unumstößlich, daß Cu Atome durch
das Al Gitter diffundieren müssen, so daß
sie sich gegenseitig finden können. Jede einzelne Ausscheidung beginnt als "Zweier-Cluster" von 2 Cu
Atomen, wird zum Dreierpack - usw. |
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Diese Kleinstagglomerate werden beim Versetzungspinning kaum wirkungsvoller sein können
als einzelne Atome - aber ihre Konzentration ist nur die Hälfte bzw. 1/3 der atomaren Cu Konzentration.
RP wird dadurch zunächst nur kleiner werden können. |
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Mit langsam größer werdenden Ausscheidungen kommt eine Trendwende. |
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Die Ausscheidungen haben eine Größe erreicht, mit der sie Versetzungen immer massiver
behindern können, irgendwann sind sie trotz geringerer Dichte effektiver als die atomar gelösten Cu Atome
- RP steigt wieder an. |
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Warten wir zu lange, werden große Ausscheidungen auf Kosten der kleineren wachsen (man
nennt das "Ostwald
Reifung"). Dadurch verringert sich die Dichte, RP nimmt wieder
ab und erreicht, falls wir lange genug warten, den intrinsichen Wert - das Cu ist jetzt völlig wirkungslos. |
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Das ist alles richtig, erkärt aber nicht die "Wellen" und die genaue
Gestalt der Kurve. Um das zu verstehen müssen wir die Details der Ausscheidungsbildung
studieren. |
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Mit den GP-Zonen haben wir aber noch kein Gleichgewichts CuAl2.
Die Bildung dieser (großen) Ausscheidungen läuft, etwas überraschend, in drei
Stufen: |
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Zunächst bilden sich aus einigen GP-zones erste CuAl2
Auscheidungen mit einer spezifischen Gitterstuktur, die zwar relativ gut ins Al Gitter paßt - aber nicht die
Gleichwichtstruktur von CuAl2 ist. Diese Q'' genannte Phase wächst
auf Kosten der GP-zones, die sich auflösen und das benötigte Cu freisetzen. |
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Gleichzeitig beginnt an Versetzungen und Korngrenzen die Nukleation des "richtigen"
CuAl2, allerdings ist der wachsende Kristall noch ganz spezifisch in das Al Gitter eingebaut und
stark verspannt. Diese Q' Phase wächst langsam auf Kosten der Q''
Phase, die schließlich komplett verschwindet. |
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Und das ganze nocheinmal! CuAl2, aber jetzt mit beliebiger Orientierung
zum Wirtsgitter, beginnt an Korngrenzen und an den Ecken der Q' Phase zu wachsen - jetzt
relativ kugelförmig, da ohne Beziehung zum Al Gitter. Das ist die eigentliche Q
Phase. Die Q' Phase verschwindet wieder. |
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Warum geht die CuAl2 Ausscheidungskinetik einen derart komplizierten
Weg? Weil die Oberflächenergie der Phasengrenze CuAl2
- Al bei kleinen Ausscheidungen minimiert werden muß! Sonst ist keine
Keimbildung möglich. |
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Die diversen Q Phasen unterscheiden sich nicht
sehr in ihrem "Festhaltevermögen" für Versetzungen. Da ihre Größe kontinuierlich zunimmt,
wird der mittlere Abstand größer, und RP sinkt kontinuierlich. |
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Das RP(t) Diagramm zeigt diese Stufen der Ausscheidungsbildung schematisch.
Ebenfalls eingezeichnet sind die äußeren Spannungen, die man bräuchte um diejeweils vorliegenden Ausscheidungen
zu schneiden, bzw. mit dem Orowan Prozeß zu umgehen. |
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Es gibt ein deutliches Maximum bei einer Spannung, die etwa dreimal
höher liegt als die ca. 130 MPa intrinsische Festigkeit des Materials. Das ist ein beachtlicher Faktor! |
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Was würde passieren, wenn wir die Temperung bei ca. 40 oC
durchführen oder unser auf maximale Festigkeit optimiertes Produkt in den Tropen längere Zeit verwenden wollen?
Vermutlich genau dasselbe - nur wird es entsprechend länger dauern. Wieviel länger, können wir versuchen
abzuschätzen: |
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Der zeitbestimmende Prozeß ist wahrscheinlich die Diffusion von Cu in Al.
Wir können in etwa davon ausgehen, daß dieselben Zustände erreicht sind, falls die Cu Atome dieselben
mittleren Distanzen zurückgelegt haben, d.h. dieselben Diffusionslängen
L aufweisen. |
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Die Diffusionlänge war
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Wir haben also für gleiche Alterung |
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L(T1) L(T2) |
= 1 = |
D(T1) · t1
D(T2) · t2 | = |
t1 . exp–(HM/kT1)
t2 . exp–(HM/kT2) |
= | t1
t2 | · exp |
HM k |
(1/T2 – 1/T1) |
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Der entscheidende Parameter ist also die Wanderungsenergie
des Cu Atoms in der Al Matrix. Hier wird hoffentlich deutlich, warum Bildungs- und Wanderungsenergien so fundamental
wichtige Größen sind. |
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© H. Föll (MaWi 1 Skript)