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Die einfachste Methode, die Fließspannung RP zu
vergrößern, d.h. den Kristall härter zu machen, besteht im Einbau extrinsischer
atomarer Fehlstellen, d.h. von substitutionellen oder interstitiellen
Fremdatomen. |
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Das bekannteste Beispiel für Härtung mit interstitiellen
Fremdatomen ist C in Fe - aus weichem Eisen wird harter
Stahl. Weniger bekannt ist z.B. O in Si - damit wird Si bei hohen Temperaturen
ebenfalls "härter" und es ist etwas einfacher, die für elektronische Bauelemente tödliche plastische
Verformung zu vermeiden. |
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Zn in Cu oder Cu in Al sind Beispiele für Härtung mit
substitutionellen Fremdatomen. |
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Man nennt diese Form der Härtung "Mischkristallhärtung";
ein nicht besonders glücklicher Name (welche Kristalle werden denn bei C in Fe "gemischt"?). |
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Wie funktioniert Mischkristallhärtung im Versetzungsbild? Zunächst
machen wir uns klar, daß eine Versetzung, die auf ein Fremdatom trifft, dort lokal andere Bindungsverhältnisse
der Atome spürt. |
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Damit kann es lokal schwieriger werden, den Versetzungskern zur nächsten Netzebene zu bewegen. Der
Effekt ist, daß die Versetzung lokal etwas festhängt, sie ist "gepinnt" wie man im gebräuchlichen
Denglisch sagt. |
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Liegt jetzt auf der Gleitebene eine Scherspannung vor, die die Peierls Spannung oder intrinsische Fließgrenze
ti überschreitet, wird die Versetzung loslaufen - und zwischen den Fremdatomen kann sie das auch.
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Aber an den Fremdatomen hängt sie fest. Als Gesamteffekt wird sie sich nur ausbauchen, wie oben rechts
gezeigt. Erst bei erhöhter Spannung wird es ihr gelingen, sich von den Fremdatomen
loszureißen. |
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Versetzungsbewegung erfolgt jetzt also unstetig, als eine Art Hindernislauf. |
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Um wie viel muß die Scherspannung in der Gleitebene (engl. "resolved
shear stress") erhöht werden, damit die Versetzungen wieder beweglich werden? |
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Wir nennen diese zusätzlich notwendige Spannung ts ("s"
steht für "solution"), eine genaue Analyse ergibt die Beziehung |
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Dabei ist cs die Konzentration der Fremdatome, und ks eine
Proportionalitätskonstante. |
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Spannend ist natürlich ks. Es ist eine Materialkonstante,
die aber für jede Sorte Fremdatom anders sein wird. Manche Fremdatome werden große Wirkung zeigen, manche nur
kleine. Einige Beispiele dazu |
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4% Cu in "normalem" Al erhöhen RP auf ca. 180
MPa ausgehend von einem stark schwankenden Wert von (25.... 100) MPa. Das ist eine Verdopplung bis Versiebenfachung;
schon eine recht kräftige Härtung. Wir können bloß nicht ganz sicher sein, daß das Cu
auch durchweg atomar gelöst ist. |
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Hier einige Messungen |
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Die Wurzelabhängigkeit von der Konzentration ist bei den kleinen Konzentrationen im Bild links noch
nicht richtig zu sehen, wohl aber bei großen Konzentrationen im Bild rechts. |
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Für Eisen mit gelösten Fremdatomen (man nennt das dann auch Stahl) gibt es ein sehr ähnliches Bild. |
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Ausscheidungs- und Dispersionshärtung |
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Da atomare Defekte bereits sehr effektiv Versetzungsbewegung behindern können,
ist es nicht verwunderlich, daß größere dreidimensionale Defekte das auch tun. Dies gilt insbesondere für
Ausscheidungen und Dispersionspartikel. |
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Ausscheidungen sind, wie bereits behandelt, kleine Teilchen einer zweiten Phase, die
durch Agglomeration von Fremdatomen entstanden sind. Sie können also - je nach thermischer Behandlung und Phasendiagramm
- wachsen und schrumpfen. |
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Dispersionspartikel sind
Teilchen einer zweiten Phase, die schon in der Schmelze vorhanden waren; sie sitzen damit relativ unveränderlich im
Wirtskristall. |
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Beide 3-D Defekte sind massive bis unüberwindliche Hindernisse für
die Versetzungsbewegung, erhöhen also immer RP. |
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Die zusätzlich notwendige Spannung tAus um Versetzungen durch den Kristall zu jagen, ist |
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Mit G = Schermodul; b = Burgersvektor; <l> ist der mittlere Abstand zwischen den Ausscheidungen. |
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Wieso bewegen sich Versetzungen überhaupt
noch, falls Ausscheidungen unüberwindliche Hindernisse sein können? |
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Aus dem gleichen Grund, der Eidechsen beweglich hält,
selbst wenn man sie am Schwanz festhält: Sie lassen einen Teil ihrer selbst zurück. Wie das geht ist unten gezeigt. |
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Die Versetzung kommt von oben und nähert sich einer Reihe von Ausscheidungen, an denen
sie festgehalten wird. |
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Die auf die Versetzung wirkende Kraft ist als schwarzer Pfeil an einigen Punkten eingezeichnet,
sie steht immer senkrecht auf der Versetzungslinie. |
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Die Versetzung baucht sich aus. Dabei zieht die in der Gleitebene vorhanden Scherspannung,
die Linienenergie (die nicht umsonst die Dimension einer Kraft hat, nämlich Energie pro cm, und deswegen auch
Linienspannung heißt), zieht zurück. Falls die Scherspannung
zu klein ist, bleibt die Versetzung ausgebaucht liegen. |
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Falls die Scherspannung aber ausreicht, um die vorletzte Konfiguration zu produzieren, werden
sich benachbarte Ausbauchungen berühren und reagieren. Das Resultat ist ein Versetzungsring um die Ausscheidung, und
eine regenerierte Versetzung, die der Ausscheidung ein Schnippchen geschlagen hat. |
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Die Rechnung dazu ist relativ einfach und ergibt die obige Formel, die als wesentliche Kenngröße
den mittleren Abstand <l> zwischen den Ausscheidungen
hat. |
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Daß die Versetzungsbewegung tatsächlich so abläuft, zeigt das
folgende elektonenmikroskopische Bild von A. Appel (GKSS Geesthacht) |
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Die Versetzungen sind hier als weiße Linien zu sehen. |
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Das Material ist eine Ti - Al
Legierung, die seit einiger Zeit als neuer hochtemperaturfester Leichtmetallwerkstoff entwickelt wird; insbesondere
für Turbinenanwendungen. |
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Es is sehr schön zu sehen, wir die Versetzungen sich um kleine (und hier nicht sichtbare)
Hindernisse herumwinden; zwischen den Hindernissen sind sie ausgebaucht. |
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Die weißen Flecken sind die Überbleibsel von Versetzungen, die sich losgerissen
haben. |
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Aha! Man kann also jedes Material kräftig
härten, indem man ganz viele kleine Ausscheidungen produziert. Gemach! Im Prinzip:
Ja -aber! |
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Sind die Ausscheidungen zu klein, schneidet die Versetzung sie einfach durch.
Die Abgleitung in der Ausscheidung erfolgt dann ausnahmsweise blockweise. |
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Sind es zu viele Ausscheidungen, haben wir wahrscheinlich ein insgesamt ganz anderes Material,
nicht nur einen härteren Ausgangskristall. |
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Außerdem - wie machen wir das? X % irgendwas in ein Material eingebracht bildet
nicht automatisch viele kleine Ausscheidungen, nur weil wir das gerne hätten. |
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Für eine gegebene Konzentration an Fremdatomen wird es irgendein Optimum
geben - eine machbare Mischung aus noch atomar gelösten Fremdatomen und ein Spektrum an Ausscheidungsgrößen
das dann automatisch auch die mittleren Abstände bestimmt. |
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Es ist dabei klar, daß beide Mechanismen sich nicht einfach addieren. Im Prinzip wird
der Mechanismus mit der höchsten notwendigen Spannung das Verhalten dominieren. Der jeweils andere wird aber auch noch
etwas beitragen, und sei es nur, die Versetzungsbewegung zu verlangsamen. |
© H. Föll (MaWi 1 Skript)