3.1.2 Notation von Richtungen und Ebenen im Gitter

Miller-Indizes

Wer Übungsaufgabe 3.3-1 gemacht oder zumindest angeschaut hat, ist über ein gewisses Sprachproblem gestolpert: Es wird eine "Raumdiagonalebene" eingeführt, und auch sonst werden Ebenen in einem Gitter/Kristall prominent herausgestellt.
Wenn man nicht beschreibend bleiben will ("die Ebene, die beim Atom oben links beginnt und durch die Atome ... führt"), gibt man sich am besten eine mathematische Definition, die alle möglichen Fälle einschließt. Man macht das überall auf der Welt mit den sogenannte Miller-Indizes, die wie folgt definiert sind:
Definition (und Rezept)


Eine Ebene in einem Gitter wird durch drei ganze Zahlen indiziert, indem man
  • den Ursprung der EZ nicht in die zu indizierende Ebene legt, sondern in eine Nachbarebene;
  • die Schnittpunkte der Ebene mit den Basisvektoren bestimmt (wenn kein Schnittpunkt vorhanden ist, entspricht das "¥ ");
  • das erhaltene Zahlentripel reziprok darstellt und die resultierenden Brüche durch Erweitern ganzzahlig macht; aus ¥ wird dabei 0. Nicht erlaubt ist Kürzen, falls die reziproken Zahlen keine Brüche sind (aus den Schnittpunkten 1/2, 1/2, 1/2 erhält man 2, 2, 2 und nicht 1, 1, 1).
  • Auftauchende negative Zahlen werden durch einen Überstrich dargestellt (in HTML nicht so einfach darstellbar, wir schreiben stattdessen mit '-Zeichen)
  • Das Zahlentripel hkl wird in runde Klammern (hkl) gesetzt, falls es sich um eine spezifische Ebene handelt, und in geschweifte Klammern {hkl}, falls die Gesamtheit aller kristallographisch gleichwertigen Ebenen mit denselben Indizes gemeint ist.
Kubisches Gitter
Schnittpunkte bei
1, 1, ¥

Indizes (110)
Kubisches Gitter
Schnittpunkte bei
¥ , 1, ¥
Indizes (010)
Triklines Gitter
Schnittpunkte bei
1, 1, 1
Indizes (111)
Das mag zunächst etwas verquer erscheinen - es ist aber ungeheuer nützlich, denn mit den so gewonnenen Zahlen (= Miller-Indizes) läßt sich famos rechnen!
Wenn wir schon dabei sind, definieren wir gleich noch die Miller-Indizes für Richtungen:
Definition (und Rezept)

Eine Richtung in einem Gitter wird durch drei ganze Zahlen indiziert, indem
  • der Ursprung der EZ auf die gewünschte Richtung gelegt wird;
  • ein Vektor in der gewünschten Richtung in kleinstmöglichen ganzzahligen Komponenten der Basisvektoren ausgedrückt wird;
  • auftauchende negative Zahlen durch einen Überstrich darstellt werden (in HTML nicht so leicht darstellbar, wir schreiben stattdessen mit dem Minus ["–"] oder Strich [" ' "]) und
  • das erhaltene Zahlentripel uvw in eckige Klammern [uvw] gesetzt wird, wenn es sich um eine spezifische Richtung handelt, und in spitze Klammern <uvw>, wenn die Gesamtheit aller kristallographisch gleichwertigen Richtungen gemeint ist.
Directiosn 
in a crystal
Das müssen wir üben!
Übungsaufgabe
Aufgabe 3.1-2
Rechnen mit Miller-Indizes
   
Wir können bereits hier einige Vorteile (aber noch längst nicht alle) der auf den ersten Blick etwas seltsamen Miller-Indizes ableiten und verwenden. Im folgenden sind sie für kubische Gitter nur postuliert und aufgelistet; die Ableitungen und Beweise schenken wir uns hier. Wer's genauer wissen will, benutzt den Link.
1. Die Richtung [hkl] steht immer senkrecht auf der Ebene (hkl).
2. Die Abstände dhkl zwischen zwei direkt benachbarten Gitterebenen sind direkt aus den Indizes berechenbar. Die Formeln für nichtkubische Gittersysteme können etwas kompliziert sein, aber in unseren kubischen Gittern gilt ganz einfach:
dhkl   = a
(h2  +  k2  +  l2)1/2
Damit wird klarer, warum die gewählte "reziproke" Definition der Miller-Indizes für Ebenen sehr vorteilhaft ist.
Damit haben wir aber die Thematik "Rechnen mit Miller-Indizes" nur gestreift. Sobald man zum Beispiel Röntgenstruktruranalytik betreibt, d.h. aus Röntgenbeugungsmessungen den Kristall rekonstruieren will, wird man heftigst mit Miller-Indizes hantieren.
Fragebogen
Einfache Fragen zu 3.1.2

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© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)