Lösungen zur Übung 2.2-5

Lösung der Schrödingergleichung für eine Potentialstufe

1. Wie lautet die Schrödinger-Gleichung für das Teilchen in Gebiet (1)?
Da hier V(x) = 0 ist, wird die eindimensionale Schrödinger-Gleichung des Teilchens in Gebiet (1) einfach
2y1
x2
  +   2m 
2
· E · y1 =  0
2. Zeige, daß y1(x) = A · exp (ikx) + B · exp –(ikx) eine Lösung der Schrödinger-Gleichung in Gebiet (1) ist.
A und B sind von 0 verschiedene Konstanten, und i ist die imaginäre Einheit; i2 = –1.
Zweifaches Ableiten dieser Wellenfunktion liefert:

y1(x)   =   A · exp(ikx)  +   B · exp(–ikx)
         
2y1(x)
x2
  =   k2 · A · exp(ikx)  –   k2 · B · exp(–ikx)
         
    =  k2 · y1(x)    
Dieses Ergebnis wird in die Schrödinger-Gleichung eingesetzt. Wir erhalten dann das folgende Resultat:
k2 · y1(x)  +  2m 
2
· E · y1(x)   =  0
         
k2  +   2m 
2
· E   =  0
Das ist eine Bedingung für die Größe k: Der gemachte Ansatz ist also nur dann eine Lösung falls gilt:
k  =    ±   æ
ç
è
2m 
2
· E ö
÷
ø
1/2   =   (2m · E)½
  =   (m2 · v2)½
                       
k   =   p
  :=   2 p
l
             
Dabei haben wir von folgenden Beziehungen Gebrauch gemacht:
  • Die Gesamtenergie muß ausschließlich kinetisch sein - das Potential ist ja = 0 - also gilt E = ½mv2.
  • Der durch Einsetzen erhaltene Ausdruck m2v2 ist natürlich das Quadrat des Impulses p.
  • Die de Broglie Beziehung sagt uns, daß p/ = 2p/l, das ergibt die letzte Gleichung.
Damit können wir die Zusatzfrage angehen:
 
Was wird durch k physikalisch beschrieben? Hinweis: Beachte die Dimension und die allgemeine Form der Lösung (verwende den Eulerschen Satz).
y1(x) löst die Schrödingergleichung für geignet gewählte Parameter. Schreibt man die komplexen Exponentialfunktionen mit Hilfe der Eulerschen Beziehung aus, ergibt sich eine Folge von sin und cos Funktionen mit dem Argument k · x.
Wie auch immer es genau aussieht, das ist etwas wellenartiges, und k ist bis auf das 2p so etwas wie die Wellenzahl 1/l, weiter bis bis auf das der Impuls p = mv - und sogar die Energie E steckt codiert in k.
Es ist schlicht die beherrschende Größe, in der alle Eigenschaften des Teilchens stecken!
In drei Dimensionen ist k ein Vektor, man nennt es den Wellenvektor des Teilchens; mit ihm haben wir einen zentralen Begriff der Quantentheorie kennengelernt.
 
3. Wie lautet die Schrödinger-Gleichung für das Teilchen in Gebiet (2)?
In Gebiet (2) gilt V(x) = V0. Die Lösung der Schrödingergleichung des Teilchens lautet hier also:
2y2
x2
  +   2m 
2
· (E  –  V0) · y2 =  0
4. Zeige, daß y2(x) = C · exp –(a · x) eine Lösung der Schrödinger-Gleichung in Gebiet (2) ist.
C ist wieder eine von null verschiedene Konstante und für a gilt, wie sich gleich zeigen wird:
a2   =   2m · (V0E)
2
Zweifaches Ableiten der vorgeschlagenen Wellenfunktion y2(x) = C · exp –(a · x) liefert hier:
y2(x)   =   C · exp(–ax)
     
2y2(x)
x2
  =   a2 · C · exp(–ax)
     
    =  a2 · y2(x)
Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung für Gebiet (2) führt dann auf:
a2y2(x)   +   2m 
2
· (E  –  V0) · y2(x)  =  0  
             
a2  =  2m 
2
(V0  –  E
q.e.d.
 
5. Berechne die Aufenthaltswahrscheinlichkeit |y2(x)|2 des Teilchens in Gebiet (2) und vergleiche das Ergebnis mit der Erwartung für ein klassisches (nicht quantenmechanisches) Teilchen.
Die Aufenthaltswahrscheinlichkeits(dichte) eines Teilchens am Ort x wird durch das Betragsquadrat der Wellenfunktion an dieser Stelle gegeben. Für Gebiet (2) lautet sie hier:

|y2(x)|2   =    C2 · exp(–2ax)    =  C2 · exp[–2x · {(2m/2) · (V0  –  E) ·}½] 
Da V0 > E vorausgesetzt wird, ist a reell und wir haben schlicht eine abklingende Exponentialfunktion.
 
Was würden wir für ein klassisches Teilchen erwarten? Zum Beispiel für eine Kanonenkugel, die auf einen Tafelberg zufliegt, mit einer Flughöhe die kleiner ist als die Berghöhe?
Für klassische Teichen erwarten wir einfach perfekte Reflektion: Niemals, auch nicht einmal ansatzweise, ist das Teilchen im Bereich (2) zu finden.
Unser quantenmechanische Teilchen kann jedoch mit einer endlichen Wahrscheinlichkeit nach Maßgabe der obigen Formel im Bereich (2) gefunden werden! Es kann in Bereiche eindringen, die klassischen Teilchen vollständig verwehrt sind.
Die folgende Graphik zeigt schematisch wie das aussieht (für C = 1)
Hier wurden zurVereinfachung die Konstanten=1 gesetzt
Die Graphik zeigt auch wie diese Lösung im Bereich (1) aussehen würde, wo sie aber keinen Sinn ergibt (siehe unten)!
 
6. Was könnte passieren, wenn statt einer Potentialschwelle eine dünne Barriere genommen wird?
Falls der Potentialsprung z.B nach x = 0,5 in obiger Graphik "zu Ende" ist, d.h. wir eine Potentialbarriere der Höhe V0 und Breite 0,5 hätten, dann hätten wir eine endliche Wahrscheinlichkeit, das Teilchen auf der anderen Seite der Barriere zu finden: es kann durch die Barriere durch"tunneln".
Klassisch würde das bedeuten, daß Kanonenkugeln, die man gegen eine Mauer schießt gelegentlich auf der andern Seite auftauchen - ohne daß die Mauer ein Loch hat!
 
7. Warum macht die Lösung y1'(x) = C' · exp( –ax) für Gebiet (1) physikalisch keinen Sinn (selbst wenn wir einen anderen Vorfaktor C' nehmen)?
y1'(x ) = C' · exp – a · x macht als Lösung für Gebiet (2) keinen Sinn, da y1'(x) nicht geeignet normiert werden kann:
1   ¹   ¥
ó
õ
0
|y1'(x)|2 · dx
Das ist auch sofort aus der Graphik ersichtlich. Wir brauchen andere Lösungen; eben die komplexe oben gegebene Funktion.
 
8. Welcher Grenzfall führt bei diesem Problem auf das klassische Ergebnis?
Obwohl es klassische Teilchen gar nicht gibt, wird der Tunneleffekt bei "normalen" Verhältnissen nie beobachtet. Es ist jetzt auch leicht zu sehen warum:
Um das klassische Ergebnis zu erhalten, muß die Aufenthaltswahrscheinlichkeit |y2(x)|2 Þ 0 gehen. Dies können wir auf zwei Weisen erreichen:
1. Indem wir a Þ ¥ laufen lassen. Dies entspricht einer unendlich hohen (nicht überwindbaren) Potentialstufe. Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in Gebiet (2) anzutreffen, ist dann immer gleich null, so daß wir auf das klassische Ergebnis kommen.
Das ist aber nicht sehr befriedigend; wir wollen ja nicht nur bei großen Energiedifferenzen zur klassischen Betrachtung kommen. Besser ist:
2. Die Teilchenmasse wird erhöht. Nehmen wir ein Proton, anstelle eines Elektrons, d.h. rund und roh die 2 000 fache Masse, wird |y2(x)|2 mit exp–( 2 000)1/2 = 3,78 · 10–20 multipliziert - spätestens jetzt ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich dicht bei Null!
 
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© H. Föll (MaWi 1 Skript)