|
Bohrsches Postulat, Materiewellen,
Unschärferelation: Alles hing irgendwie zusammen, beantwortete bisher
ungelöste Fragen, gab sogar - durch das Experiment überprüft -
quantitativ richtige Antworten auf einige Fragen - aber letztlich war das alles
nur Stückwerk, es fehlte der große theoretische Überbau. |
|
1925 erschien das
"Dreimännerwerk": Werner Heisenberg, Max Born und Pascal Jordan "erfanden"
(oder "fanden"?)
und veröffentlichten eine konsistente mathematische Theorie der Welt der
Atome, die Quantenmechanik. |
|
|
Ihr mathematisches Gerüst
beruhte auf der (den Physikern damals fremdartigen)
Matrixalgebra. |
|
|
Wolfgang Pauli
zeigte dann, daß die Bohrsche Version des Wasserstoffatom ganz organisch
(wenn auch mit beträchtlichem mathematischem Aufwand) in der neuen
Quantemechanik steckte. Der Durchbruch war erreicht. Doch die algebraische
Quantenmechanik war schwer und unanschaulich. |
|
Aber gleich darauf, 1926,
brachte Erwin Schrödinger die Quantentheorie in die gebräuchlichste Form,
ausgedrückt in einer (den Physikern geläufigen) partiellen
Differentialgleichung vom Typus einer Wellengleichung, eben der berühmten Schrödingergleichung. |
|
|
Kurz danach konnte er
auch zeigen - was durchaus nicht offensichtlich ist - daß die
Heisenbergsche Matrizen-Quantenmechanik und seine Wellengleichung exakt
dasselbe beschrieben, lediglich in anderer (mathematischer) Sprache. |
|
Lösungen der
Schrödingergleichung führten zu exakt denselben Energien der
Elektronen des Wasserstoffatoms, die schon Bohr erhielt - aber die
Schrödingergleichung war ein neues Axiom, ein neues universelles Naturgesetz, und nicht nur eine
Erweiterung der klassischen Mechanik mit künstlichen Quantenbedingungen.
|
|
|
Sie war universell anwendbar und nicht auf das
Wasserstoffatom beschränkt. |
|
|
Die Schrödingergleichung
verleiht allen Teilchen (auch großen)
Welleneigenschaften. Das Problem des Wasserstoffatoms reduziert sich auf das
Auffinden der Lösungen, die für das gegebene Potential die
möglichen (dreidimensionalen) stehenden Wellen beschreiben. Mathematisch ist das
nahezu identisch mit der Berechnung stehender akkustischer Wellen in einem
kugelförmigen Resonator - schwierig, aber nichts besonderes. |
|
|
Stehende Wellen müssen es sein,
denn "laufende" Wellen würden ja bedeuten, daß das Atom
auseinanderfließt. |
|
Das große Problem war und ist
aber: Was exakt "wellt"? In der Schrödingergleichung ist es
einfach ein neuer mathematischer Begriff, die Wellenfunktion y(r)
des Teilchens (oder, bei mehreren Teilchen mit den Ortsvektoren
r1, r2,
...ri dann die Wellenfunktion y(r1,
r2, ...ri) des Systems).
|
|
|
Strikt mathematisch gesehen, ist
y(r) irgendeine Funktion.
Physikalisch gesehen muß y(r) aber "irgendwie" das
physikalische System beschreiben, für das wir die
Schrödingergleichung aufgestellt und gelöst haben. Und eine
physikalische Beschreibung heißt immer, daß wir ausrechnen können, was wir in einem Experiment
messen werden. |
|
|
In y(r) müssen also messbare Dinge
- Ort, Impuls, Energie, usw. - codiert sein, wenn es physikalisch signifikant
sein soll. |
|
Widmen wir uns also den Eigenschaften
der Wellenfunktion y(r). Ein erster Stolperstein beim
Versuch zu verstehen was y(r)
darstellt ist die Tatsache, daß y(r) in der Regel eine
komplexe Größe ist
- das gab es in der Physik bisher nicht! |
|
|
Aufpassen! Die Tatsache, daß man auch in der
klassischen Physik mit Hilfe der
Eulerbeziehung gelegentlich
komplex rechnet um mathematisch eleganter
vorgehen zu können, bedeutet nicht,
daß die behandelten Größen selbst komplex sind. Im Zweifel ist
immer nur der Realteil gemeint! Dies gilt insbesondere bei der Behandlung des
Wechselstroms in der
Elektrotechnik, aber auch z.B. bei der Behandlung von klassischer
Interferenz. |
|
Mit einer intrinsisch oder inherent
komplexen Wellenfunktion als Beschreibung einer physikalischen Realität
erfolgt also ein kompletter Bruch sowohl mit der klassischen Physik, als auch mit der herkömmlichen
Betrachtung der Natur, der Naturphilosophie oder Metaphysik. |
|
|
Da wir keine imaginären
messbaren Größen kennen, folgt sofort, daß die Wellenfunktion
eine höhere Abstraktionsebene darstellt als die gewohnten meßbarene
physikalischen Größen. Sie kann also nicht direkt gemessen werden,
sondern muß die gewünscht Information "codiert"
enthalten. |
|
|
Die Schrödingergleichung ist
damit erstmals in der Physik eine
Gleichung für eine abstrakte
Größe, eine Größe die nicht mehr direkt gemessen werden
kann, und die damit den menschlichen Sinnen unzugänglich bleibt. Denn nur
was sich über ein (noch so kompliziertes) Meßgerät in eine
Größe transformiert, die der Mensch sehen, hören, fühlen,
schmecken oder riechen kann, betrachten wir
als real, als unmittelbar existent. |
|
|
Die Diskussion über die
"wirkliche" Bedeutung der Wellenfunktion hält an. Gerade jetzt
lebt sie wieder auf; ein Blick auf die in den letzten Jahren
veröffentlichten populärwissenschaftlichen Bücher
zum Thema - meistens von Physik Nobelpreisträgern - zeigt dies ganz
plastisch. |
|
Obwohl es ungeheuer reizvoll sein
kann, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen - es handelt sich letzlich
um eine der wenigen ganz großen intellektuellen Herausforderungen, die
sich der Wissenschaft noch stellen (eine andere Herausforderung dieser
Größenordnung ist z.B. die Frage nach der "Natur" des
Bewußtseins (Was ist Leben, insbesondere
bewußtes Leben?)) -
müssen wir uns im Rahmen der Einführung in die Materialwissenschaft
darum nicht kümmern. Wir nehmen einfach nur folgenden Satz zur Kenntnis:
|
|
|
|
|
|
Das Betragsquadrat
|y(r)|2
der Wellenfunktion y(r) eines
Teilchens
an einem gegebenen Ort r = (x,y,z)
ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit,
daß das betrachtete Teilchen an diesem Ort zu finden
ist. |
|
|
|
|
|
Diese Aussage, die wir hier einfach
als eine Art Axiom hinnehmen, gilt es nun mathematisch auszudrücken: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Den Ort definieren als ein
differentielles Volumenelement dV; also als ein Würfelchen
mit einer Ecke bei der betrachteten Koordinate (x,y,z) und der
Kantenlänge dx, dy, dz. |
|
|
Am Ort (x,y,z) hat die
Wellenfunktion den (komplexen) Wert y(x,y,z). |
|
|
Das Betragsquadrat der Wellenfunktion ist gegeben durch
|
|
|
|
|
|
Betragsquadrat |
= |
y(x,y,z) · y*(x,y,z) |
|
|
|
|
|
|
|
d.h. der komplexe Wert der Funktion
an der Stelle (x,y,z) multipliziert mit dem konjugiert komplexen Wert y*(x,y,z). Es ist damit schlicht der
Betrag der komplexen
Zahl. |
|
|
Die
Wahrscheinlichkeit w(x,y,z), das Teilchen im
betrachteten Volumenelement dV = dxdydz zu
finden, ist dann proportional zur Größe des Volumenelements und es
gilt |
|
|
|
|
|
w(x,yz) |
= |
y(x,y,z) ·
y*(x,y,z) · dxdydz |
|
|
|
w(x,yz)
dV |
= |
y(x,y,z) ·
y*(x,y,z) |
|
|
|
|
|
|
Dies bedeutet, daß das
Betragsquadrat der Wellenfunktion eine "Wahrscheinlichkeitsdichte" dafür ist, das betrachtete
Teilchen bei der gewählten Koordinate zu finden. |
|
|
Man nennt
w(x,y,z) auch die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
des Teilchens am Ort (x,y,z). |
|
Da die Wahrscheinlichkeit w, das Teilchen irgendwo in einem beliebig
großen Volumen zu finden immer w = 1 sein
muß, gilt grundsätzlich eine Normierungsbedingung der Form |
|
|
|
|
+¥
ó
õ
¥ |
+¥
ó
õ
¥ |
+¥
ó
õ
¥ |
y(x,y,z) · y*(x,y,z) · dxdydz =
1 |
|
|
|
|
|
Die Schrödingergleichung bestimmt nun die Wellenfunktion y
für das betrachtete System. In ihrer allgemeinsten Form ist sie eine
lineare partielle Differentialgleichung 2.
Ordnung für die Variablen Ort und Zeit der
Wellenfunktion y(x,y,z,t). Wir werden
sie im 2. Teil,
der
Einführung in die Materialwissenschaft II, in dieser
allgemeinsten Form
kennenlernen. |
|
|
Wenn man die Differentialgleichung löst,
erhält man die Wellenfunktion für das betrachtete Problem und
weiß damit, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die betrachteten Teilchen
wo befinden werden. |
|
Die Wellenfunktion ist aber noch
mehr. Sie enthält nämlich alle
Informationen über das betrachtete Teilchen oder System. Man kann diese
Informationen über spezielle mathematische Manipulationen der
Wellenfunktion erhalten; das ist für uns an dieser Stelle aber nicht
wichtig. Wer aber aus Neugier gern mehr wissen will, soll Kapitel 16
(der 18. Auflage) im "Gerthsen" lesen. |
|
|
Hier wollen wir uns die Aufgabe erleichtern, und
nur Systeme betrachten, in denen sich zeitlich nichts mehr ändert - die in
sich ruhend zeitlich stationär sind.
Ein Beispiel dafür ist jedes beliebige Atom, das heute so vorliegt wie
gestern und morgen und in alle Zukunft - sofern von außen nicht
eingegriffen wird. |
|
|
Für diese stationären Zustände
gibt es die vereinfachte, nämlich
zeitunabhängige
Schrödingergleichung, in der die Zeit als
Variable nicht mehr vorkommt. |
|
|
Die zeitunabhängige
Schrödingergleichung für ein
Teilchen lautet |
|
|
|
|
|
|
2
2m |
æ
ç
è |
¶2y(x,y,z)
¶x2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶y2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶z2 |
ö
÷
ø |
+ |
æ
è |
U(x,y,z) E |
ö
ø |
· y(x,y,z) = 0 |
|
|
|
|
|
|
|
Dabei ist E die Gesamtenergie, und U die potentielle Energie des betrachteten Systems;
=
h/2p. |
|
|
Da der Energieerhaltungssatz auch in der
Quantenmechanik gilt, ist die Gesamtenergie E eine feste Zahl,
die nicht von den Koordinaten abhängt, während die potentielle
Energie U(x,y,z) natürlich eine beliebige Funktion
der Koordinaten sein kann. |
|
Diese vergleichsweise simple
Differentialgleichung hat ungeahnte Konsequenzen. Denn sie enthält in
ihrer vollen (zeitabhängigen) Form letztlich die Newtonschen
Grundgleichungen, und, in einer erweiterten Form (dann
Dirac-Gleichung genannt), die
Maxwell-Gleichungen inklusive der
speziellen Relativitätstheorie!
|
|
|
In anderen Worten: Sie ist eine der fundamentalsten Gleichungen der Physik. |
|
|
Mit der Schrödingergleichung wurde die gesamte Chemie ein
Untergebiet der Physik - wenigstens vom Prinzip her, wenn schon nicht in der
Praxis, denn sie enthält alles was man über Atome, Moleküle und
ihre Reaktionen wissen kann - im Prinzip. |
|
|
Wer der Schrödingergleichung hier das
erste Mal begegnet, sollte
den Link betätigen. |
|
Das einzige was wir hineinstecken, ist die
potentielle Energie des Teilchens, U(x,y,z).
|
|
|
Der
Energieerhaltungssatz,
der nach wie vor gültig ist, sagt uns, daß die Gesamtenergie E konstant sein muß! Wir
kennen sie nur nicht - und das bedeutet, daß sie neben der Wellenfunktion
y(x,y,z) aus der Lösung der
Schrödingergleichung herauskommen muß. |
|
|
Wie das Ganze "funktioniert", macht man
sich am besten an einem Beispiel klar: |
|
Wir stellen jetzt mal die
Schrödingergleichung für das Wasserstoffatom auf, oder, um ganz exakt
zu sein, die Schrödingergleichung für das
Elektron des Wasserstoffatoms. |
|
|
Dabei muß nur für die potentielle Energie U(r)
des Elektrons im elektrischen Feld des Atomkerns (der eine pos. Elementarladung
trägt), also für das Potential des Elektrons, der richtige Ausdruck
eingesetzt werden. Er lautet |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
wobei r den Abstand vom Atomkern
bezeichnet, d.h. |
|
|
|
|
|
r = |r | |
= |
æ
è |
x2 + y2 +
z2 |
ö
ø |
1/2 |
|
|
|
|
|
Die
Schrödingergleichung lautet dann: |
|
|
|
|
|
|
2
2m |
æ
ç
è |
¶2y(x,y,z)
¶x2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶y2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶z2 |
ö
÷
ø |
+ |
æ
ç
è |
e2
4pe0 · r |
E |
ö
÷
ø |
· y(x,y,z)
= 0 |
mit r = (x2 + y2 +
z2)1/2 |
|
|
|
|
|
Damit sind wir auf dieser Stufe
vielleicht nicht mit unserem Latein, aber doch mit unserer Mathematik am Ende,
denn diese Gleichung können wir nicht so schnell lösen wie das
für den Fortgang der Vorlesung nötig wäre. Für die
mathematisch Interessierten ist der Lösungsweg aber im Link:
Schrödingergleichung und
Wasserstoffatom beschrieben. |
|
Wir können aber einfach akzeptieren, daß diese
Differentialgleichung bekannte Lösungen hat, die wir im folgenden
beschreiben. Zunächst stellen wir fest, daß es (unendlich) viele Lösungen dieser
Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoffatom gibt, sie unterscheiden
sich in mindestens einer von drei
Quantenzahlen, die fester Bestandteil der
Lösung sind. Diese drei Quantenzahlen haben Namen: |
|
|
Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3, ..., d.h. alle positiven
natürlichen Zahlen beginnend mit 1. |
|
|
Nebenquantenzahl
l = 0,1,2,3, ..., n 1,
d.h. alle natürliche Zahlen sind erlaubt, die um 1 kleiner sind als
n . |
|
|
magnetische
Quantenzahl m = l,
l 1, ..0,.., - l, d.h. alle ganzen Zahlen zwischen
l and + l sind erlaubt. |
|
Dazu kommt noch eine vierte Quantenzahl, die zwar nicht aus der
Schrödingergleichung "herauskommt", aber als eine
Grundeigenschaft des Elektrons sich (trivial) überlagert, die: |
|
|
Spinquantenzahl s = +1/2 oder 1/2 -
unabhängig von allen anderen Quantenzahlen |
|
s, wie gesagt, ist dabei nicht
eine aus der Lösung der Schrödingergleichung abfallende Quantenzahl,
sondern kommt von der fundamentalen Eigenschaft des Elektrons, wie auch aller
anderen Elementarteilchen,
einen Spin zu haben - wir werden das
in Kürze näher
betrachten. In jedem Fall gibt es aber für jedes s eine
eigene Lösung. |
|
|
Für Puristen sei angedeutet: Nimmt man statt
der hier dargestellten Schrödingergleichung die
oben schon erwähnte erweiterte Form
der Dirac Gleichung, ist auch der Spin in der Grundgleichung enthalten. |
|
Weiterhin ergibt sich für jede
der durch einen Satz Quantenzahlen definierten möglichen Lösungen
eine bestimmte Gesamtenergie E. Damit erhalten wir
das Lösungsschema: |
|
|
|
|
|
Lösungen: |
|
y = yn, l, m, s(x,y,z) |
|
|
|
Zugehörige Energien: |
|
E = En, l, m, s |
|
|
|
|
|
|
Bohrsches Postulat, Materiewellen,
Unschärferelation: Alles hing irgendwie zusammen, beantwortete bisher
ungelöste Fragen, gab sogar - durch das Experiment überprüft -
quantitativ richtige Antworten auf einige Fragen - aber letztlich war das alles
nur Stückwerk, es fehlte der große theoretische Überbau. |
|
1925 erschien das
"Dreimännerwerk": Werner Heisenberg, Max Born und Pascal Jordan "erfanden"
(oder "fanden"?)
und veröffentlichten eine konsistente mathematische Theorie der Welt der
Atome, die Quantenmechanik. |
|
|
Ihr mathematisches Gerüst
beruhte auf der (den Physikern damals fremdartigen)
Matrixalgebra. |
|
|
Wolfgang Pauli
zeigte dann, daß die Bohrsche Version des Wasserstoffatom ganz organisch
(wenn auch mit beträchtlichem mathematischem Aufwand) in der neuen
Quantemechanik steckte. Der Durchbruch war erreicht. Doch die algebraische
Quantenmechanik war schwer und unanschaulich. |
|
Aber gleich darauf, 1926,
brachte Erwin Schrödinger die Quantentheorie in die gebräuchlichste Form,
ausgedrückt in einer (den Physikern geläufigen) partiellen
Differentialgleichung vom Typus einer Wellengleichung, eben der berühmten Schrödingergleichung. |
|
|
Kurz danach konnte er
auch zeigen - was durchaus nicht offensichtlich ist - daß die
Heisenbergsche Matrizen-Quantenmechanik und seine Wellengleichung exakt
dasselbe beschrieben, lediglich in anderer (mathematischer) Sprache. |
|
Lösungen der
Schrödingergleichung führten zu exakt denselben Energien der
Elektronen des Wasserstoffatoms, die schon Bohr erhielt - aber die
Schrödingergleichung war ein neues Axiom, ein neues universelles Naturgesetz, und nicht nur eine
Erweiterung der klassischen Mechanik mit künstlichen Quantenbedingungen.
|
|
|
Sie war universell anwendbar und nicht auf das
Wasserstoffatom beschränkt. |
|
|
Die Schrödingergleichung
verleiht allen Teilchen (auch großen)
Welleneigenschaften. Das Problem des Wasserstoffatoms reduziert sich auf das
Auffinden der Lösungen, die für das gegebene Potential die
möglichen (dreidimensionalen) stehenden Wellen beschreiben. Mathematisch ist das
nahezu identisch mit der Berechnung stehender akkustischer Wellen in einem
kugelförmigen Resonator - schwierig, aber nichts besonderes. |
|
|
Stehende Wellen müssen es sein,
denn "laufende" Wellen würden ja bedeuten, daß das Atom
auseinanderfließt. |
|
Das große Problem war und ist
aber: Was exakt "wellt"? In der Schrödingergleichung ist es
einfach ein neuer mathematischer Begriff, die Wellenfunktion y(r)
des Teilchens (oder, bei mehreren Teilchen mit den Ortsvektoren
r1, r2,
...ri dann die Wellenfunktion y(r1,
r2, ...ri) des Systems).
|
|
|
Strikt mathematisch gesehen, ist
y(r) irgendeine Funktion.
Physikalisch gesehen muß y(r) aber "irgendwie" das
physikalische System beschreiben, für das wir die
Schrödingergleichung aufgestellt und gelöst haben. Und eine
physikalische Beschreibung heißt immer, daß wir ausrechnen können, was wir in einem Experiment
messen werden. |
|
|
In y(r) müssen also messbare Dinge
- Ort, Impuls, Energie, usw. - codiert sein, wenn es physikalisch signifikant
sein soll. |
|
Widmen wir uns also den Eigenschaften
der Wellenfunktion y(r). Ein erster Stolperstein beim
Versuch zu verstehen was y(r)
darstellt ist die Tatsache, daß y(r) in der Regel eine
komplexe Größe ist
- das gab es in der Physik bisher nicht! |
|
|
Aufpassen! Die Tatsache, daß man auch in der
klassischen Physik mit Hilfe der
Eulerbeziehung gelegentlich
komplex rechnet um mathematisch eleganter
vorgehen zu können, bedeutet nicht,
daß die behandelten Größen selbst komplex sind. Im Zweifel ist
immer nur der Realteil gemeint! Dies gilt insbesondere bei der Behandlung des
Wechselstroms in der
Elektrotechnik, aber auch z.B. bei der Behandlung von klassischer
Interferenz. |
|
Mit einer intrinsisch oder inherent
komplexen Wellenfunktion als Beschreibung einer physikalischen Realität
erfolgt also ein kompletter Bruch sowohl mit der klassischen Physik, als auch mit der herkömmlichen
Betrachtung der Natur, der Naturphilosophie oder Metaphysik. |
|
|
Da wir keine imaginären
messbaren Größen kennen, folgt sofort, daß die Wellenfunktion
eine höhere Abstraktionsebene darstellt als die gewohnten meßbarene
physikalischen Größen. Sie kann also nicht direkt gemessen werden,
sondern muß die gewünscht Information "codiert"
enthalten. |
|
|
Die Schrödingergleichung ist
damit erstmals in der Physik eine
Gleichung für eine abstrakte
Größe, eine Größe die nicht mehr direkt gemessen werden
kann, und die damit den menschlichen Sinnen unzugänglich bleibt. Denn nur
was sich über ein (noch so kompliziertes) Meßgerät in eine
Größe transformiert, die der Mensch sehen, hören, fühlen,
schmecken oder riechen kann, betrachten wir
als real, als unmittelbar existent. |
|
|
Die Diskussion über die
"wirkliche" Bedeutung der Wellenfunktion hält an. Gerade jetzt
lebt sie wieder auf; ein Blick auf die in den letzten Jahren
veröffentlichten populärwissenschaftlichen Bücher
zum Thema - meistens von Physik Nobelpreisträgern - zeigt dies ganz
plastisch. |
|
Obwohl es ungeheuer reizvoll sein
kann, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen - es handelt sich letzlich
um eine der wenigen ganz großen intellektuellen Herausforderungen, die
sich der Wissenschaft noch stellen (eine andere Herausforderung dieser
Größenordnung ist z.B. die Frage nach der "Natur" des
Bewußtseins (Was ist Leben, insbesondere
bewußtes Leben?)) -
müssen wir uns im Rahmen der Einführung in die Materialwissenschaft
darum nicht kümmern. Wir nehmen einfach nur folgenden Satz zur Kenntnis:
|
|
|
|
|
|
Das Betragsquadrat
|y(r)|2
der Wellenfunktion y(r) eines
Teilchens
an einem gegebenen Ort r = (x,y,z)
ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit,
daß das betrachtete Teilchen an diesem Ort zu finden
ist. |
|
|
|
|
|
Diese Aussage, die wir hier einfach
als eine Art Axiom hinnehmen, gilt es nun mathematisch auszudrücken: |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Den Ort definieren als ein
differentielles Volumenelement dV; also als ein Würfelchen
mit einer Ecke bei der betrachteten Koordinate (x,y,z) und der
Kantenlänge dx, dy, dz. |
|
|
Am Ort (x,y,z) hat die
Wellenfunktion den (komplexen) Wert y(x,y,z). |
|
|
Das Betragsquadrat der Wellenfunktion ist gegeben durch
|
|
|
|
|
|
Betragsquadrat |
= |
y(x,y,z) · y*(x,y,z) |
|
|
|
|
|
|
|
d.h. der komplexe Wert der Funktion
an der Stelle (x,y,z) multipliziert mit dem konjugiert komplexen Wert y*(x,y,z). Es ist damit schlicht der
Betrag der komplexen
Zahl. |
|
|
Die
Wahrscheinlichkeit w(x,y,z), das Teilchen im
betrachteten Volumenelement dV = dxdydz zu
finden, ist dann proportional zur Größe des Volumenelements und es
gilt |
|
|
|
|
|
w(x,yz) |
= |
y(x,y,z) ·
y*(x,y,z) · dxdydz |
|
|
|
w(x,yz)
dV |
= |
y(x,y,z) ·
y*(x,y,z) |
|
|
|
|
|
|
Dies bedeutet, daß das
Betragsquadrat der Wellenfunktion eine "Wahrscheinlichkeitsdichte" dafür ist, das betrachtete
Teilchen bei der gewählten Koordinate zu finden. |
|
|
Man nennt
w(x,y,z) auch die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
des Teilchens am Ort (x,y,z). |
|
Da die Wahrscheinlichkeit w, das Teilchen irgendwo in einem beliebig
großen Volumen zu finden immer w = 1 sein
muß, gilt grundsätzlich eine Normierungsbedingung der Form |
|
|
|
|
+¥
ó
õ
¥ |
+¥
ó
õ
¥ |
+¥
ó
õ
¥ |
y(x,y,z) · y*(x,y,z) · dxdydz =
1 |
|
|
|
|
|
Die Schrödingergleichung bestimmt nun die Wellenfunktion y
für das betrachtete System. In ihrer allgemeinsten Form ist sie eine
lineare partielle Differentialgleichung 2.
Ordnung für die Variablen Ort und Zeit der
Wellenfunktion y(x,y,z,t). Wir werden
sie im 2. Teil,
der
Einführung in die Materialwissenschaft II, in dieser
allgemeinsten Form
kennenlernen. |
|
|
Wenn man die Differentialgleichung löst,
erhält man die Wellenfunktion für das betrachtete Problem und
weiß damit, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die betrachteten Teilchen
wo befinden werden. |
|
Die Wellenfunktion ist aber noch
mehr. Sie enthält nämlich alle
Informationen über das betrachtete Teilchen oder System. Man kann diese
Informationen über spezielle mathematische Manipulationen der
Wellenfunktion erhalten; das ist für uns an dieser Stelle aber nicht
wichtig. Wer aber aus Neugier gern mehr wissen will, soll Kapitel 16
(der 18. Auflage) im "Gerthsen" lesen. |
|
|
Hier wollen wir uns die Aufgabe erleichtern, und
nur Systeme betrachten, in denen sich zeitlich nichts mehr ändert - die in
sich ruhend zeitlich stationär sind.
Ein Beispiel dafür ist jedes beliebige Atom, das heute so vorliegt wie
gestern und morgen und in alle Zukunft - sofern von außen nicht
eingegriffen wird. |
|
|
Für diese stationären Zustände
gibt es die vereinfachte, nämlich
zeitunabhängige
Schrödingergleichung, in der die Zeit als
Variable nicht mehr vorkommt. |
|
|
Die zeitunabhängige
Schrödingergleichung für ein
Teilchen lautet |
|
|
|
|
|
|
2
2m |
æ
ç
è |
¶2y(x,y,z)
¶x2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶y2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶z2 |
ö
÷
ø |
+ |
æ
è |
U(x,y,z) E |
ö
ø |
· y(x,y,z) = 0 |
|
|
|
|
|
|
|
Dabei ist E die Gesamtenergie, und U die potentielle Energie des betrachteten Systems;
=
h/2p. |
|
|
Da der Energieerhaltungssatz auch in der
Quantenmechanik gilt, ist die Gesamtenergie E eine feste Zahl,
die nicht von den Koordinaten abhängt, während die potentielle
Energie U(x,y,z) natürlich eine beliebige Funktion
der Koordinaten sein kann. |
|
Diese vergleichsweise simple
Differentialgleichung hat ungeahnte Konsequenzen. Denn sie enthält in
ihrer vollen (zeitabhängigen) Form letztlich die Newtonschen
Grundgleichungen, und, in einer erweiterten Form (dann
Dirac-Gleichung genannt), die
Maxwell-Gleichungen inklusive der
speziellen Relativitätstheorie!
|
|
|
In anderen Worten: Sie ist eine der fundamentalsten Gleichungen der Physik. |
|
|
Mit der Schrödingergleichung wurde die gesamte Chemie ein
Untergebiet der Physik - wenigstens vom Prinzip her, wenn schon nicht in der
Praxis, denn sie enthält alles was man über Atome, Moleküle und
ihre Reaktionen wissen kann - im Prinzip. |
|
|
Wer der Schrödingergleichung hier das
erste Mal begegnet, sollte
den Link betätigen. |
|
Das einzige was wir hineinstecken, ist die
potentielle Energie des Teilchens, U(x,y,z).
|
|
|
Der
Energieerhaltungssatz,
der nach wie vor gültig ist, sagt uns, daß die Gesamtenergie E konstant sein muß! Wir
kennen sie nur nicht - und das bedeutet, daß sie neben der Wellenfunktion
y(x,y,z) aus der Lösung der
Schrödingergleichung herauskommen muß. |
|
|
Wie das Ganze "funktioniert", macht man
sich am besten an einem Beispiel klar: |
|
Wir stellen jetzt mal die
Schrödingergleichung für das Wasserstoffatom auf, oder, um ganz exakt
zu sein, die Schrödingergleichung für das
Elektron des Wasserstoffatoms. |
|
|
Dabei muß nur für die potentielle Energie U(r)
des Elektrons im elektrischen Feld des Atomkerns (der eine pos. Elementarladung
trägt), also für das Potential des Elektrons, der richtige Ausdruck
eingesetzt werden. Er lautet |
|
|
|
|
|
|
|
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|
|
|
wobei r den Abstand vom Atomkern
bezeichnet, d.h. |
|
|
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|
|
r = |r | |
= |
æ
è |
x2 + y2 +
z2 |
ö
ø |
1/2 |
|
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|
Die
Schrödingergleichung lautet dann: |
|
|
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|
2
2m |
æ
ç
è |
¶2y(x,y,z)
¶x2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶y2 |
+ |
¶2y(x,y,z)
¶z2 |
ö
÷
ø |
+ |
æ
ç
è |
e2
4pe0 · r |
E |
ö
÷
ø |
· y(x,y,z)
= 0 |
mit r = (x2 + y2 +
z2)1/2 |
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Damit sind wir auf dieser Stufe
vielleicht nicht mit unserem Latein, aber doch mit unserer Mathematik am Ende,
denn diese Gleichung können wir nicht so schnell lösen wie das
für den Fortgang der Vorlesung nötig wäre. Für die
mathematisch Interessierten ist der Lösungsweg aber im Link:
Schrödingergleichung und
Wasserstoffatom beschrieben. |
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Wir können aber einfach akzeptieren, daß diese
Differentialgleichung bekannte Lösungen hat, die wir im folgenden
beschreiben. Zunächst stellen wir fest, daß es (unendlich) viele Lösungen dieser
Schrödinger-Gleichung für das Wasserstoffatom gibt, sie unterscheiden
sich in mindestens einer von drei
Quantenzahlen, die fester Bestandteil der
Lösung sind. Diese drei Quantenzahlen haben Namen: |
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Hauptquantenzahl n = 1, 2, 3, ..., d.h. alle positiven
natürlichen Zahlen beginnend mit 1. |
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Nebenquantenzahl
l = 0,1,2,3, ..., n 1,
d.h. alle natürliche Zahlen sind erlaubt, die um 1 kleiner sind als
n . |
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magnetische
Quantenzahl m = l,
l 1, ..0,.., - l, d.h. alle ganzen Zahlen zwischen
l and + l sind erlaubt. |
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Dazu kommt noch eine vierte Quantenzahl, die zwar nicht aus der
Schrödingergleichung "herauskommt", aber als eine
Grundeigenschaft des Elektrons sich (trivial) überlagert, die: |
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Spinquantenzahl s = +1/2 oder 1/2 -
unabhängig von allen anderen Quantenzahlen |
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s, wie gesagt, ist dabei nicht
eine aus der Lösung der Schrödingergleichung abfallende Quantenzahl,
sondern kommt von der fundamentalen Eigenschaft des Elektrons, wie auch aller
anderen Elementarteilchen,
einen Spin zu haben - wir werden das
in Kürze näher
betrachten. In jedem Fall gibt es aber für jedes s eine
eigene Lösung. |
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Für Puristen sei angedeutet: Nimmt man statt
der hier dargestellten Schrödingergleichung die
oben schon erwähnte erweiterte Form
der Dirac Gleichung, ist auch der Spin in der Grundgleichung enthalten. |
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Weiterhin ergibt sich für jede
der durch einen Satz Quantenzahlen definierten möglichen Lösungen
eine bestimmte Gesamtenergie E. Damit erhalten wir
das Lösungsschema: |
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Lösungen: |
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y = yn, l, m, s(x,y,z) |
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Zugehörige Energien: |
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E = En, l, m, s |
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