| |
Die plastische Verformung aller Kristalle (= aller Metalle) erfolgt
ausschließlich durch die Erzeugung und Bewegung von Versetzungen |
|
|
|
OK – das haben wir verstanden. Wenn wir unterstellen, dass die Erzeugung von
Versetzungen den meisten Kristallen keine Probleme bereitet (das ist so), bleibt nur die Frage, wie leicht oder schwer es
einer Versetzung fällt, sich zu bewegen. |
|
Ganz von alleine geht es erfahrungsgemäß ja nicht. Man muss schon mehr
oder weniger kräftig drücken oder ziehen, bevor sich ein Material plastisch verformt, d.h. sich die Versetzungen
in Inneren bequemen, durch den Kristall zu laufen. |
|
|
Die minimale mechanische Spannung, die man dazu braucht, heißt Fließgrenze (als
RP in Zugversuchsdiagramm eingezeichnet).
Die Fließgrenze ist (für Metalle) nichts anderes als die wohlbekannte Härte
– auch wenn sie anders gemessen wird und eigene Maßeinheiten hat (der Link
gibt Auskunft). Hier sind nochmals einige pardigmatischem Spannungs-Dehnungs-Diagramme: |
| |
|
|
Prinzipbild | Reale Materialien |
|
|
Also – was bestimmt die Fließgrenze oder Härte eines gebenen
Metalls? |
|
|
Man könnte es erraten: die Art und Zahl der Hindernisse, die eine Versetzung auf ihren
Weg von hier nach da überwinden muss. Als Hindernisse kommen natürlich (!?) nur Kristallgitterdefekte in Betracht |
|
Die Versetzung spürt alles! Fremdatome sind Hindernisse, genauso wie Ausscheidungen,
Korngrenzen, Voids, .... |
|
|
|
| |
|
Deshalb ist Eisen oder Aluminium mit ein paar Kohlenstoff- bzw. Kupferatomen
(= extrinsische Punktdefekte) deutlich härter als reines Eisen; feinkörnige Materialien sind härter als grobkörnige,
und solche Kristalle, die schon viele Versetzung enthalten, sind härter als relativ versetzungsfreie. Das Bild links
zeigt den Einfluss von Kohlenstoff auf die Fließgrenze RP und die maximale Zugfestigkeit
RM von Eisen. |
|
|
|
Der letzte Punkt macht die Theorie der plastischen Verformung zu einem der schwierigeren Kapitel
der Materialwissenschaft, denn das, was gerade passiert (per Versetzungsbewegung), hängt sowohl davon ab, was gerade
passiert (plastische Verformung erhöht die Versetzungsdichte und macht weitere Versetzungsbewegung schwieriger), als
auch davon, was früher passiert ist (bereits vorverformte Metalle brechen früher). |
| |
|
Der letzte Punkt eröffnet aber auch ungeheure Möglichkeiten für die Metalltechnik:
Ich kann die Verformungseigenschaften eines Materials auf unglaublich viele Arten beeinflussen und damit optimieren; das
Bild unten zeigt, wo's langgeht. |
|
Was bei Stahl so möglich ist |
|
|
|
|
Beziehung zwischen Defekten |
|
|
|
Leicht zu merken: |
| |
Alle Defektsorten können miteinander wechselwirken.
|
|
|
|
Atomare Fehlstellen lagern sich an Versetzungen an (mit teilweise schrecklichen
Langzeitkonsequenzen); Versetzungen beranden zweidimensionale Defekte; Korngrenzen emittieren oder absorbieren AF's
und Versetzungen, ... |
|
|
SiO2-Ausscheidung in Si mit ersten Versetzungen |
| |
Defekte können sich dadurch auch umwandeln:
Ein für die Mikroelektronik sehr relevantes Beispiel:
- Interstitielle Sauerstoffatome im Überschuss (beim Abkühlen) lagern sich zu einer Ausscheidung zusammen.
- Die Ausscheidung ist durch eine Phasengrenze berandet.
- Die Phasengrenze ist eine gute Versetzungsquelle.
- Bei internen Spannungen (z. B. wegen Temperaturgradienten) werden Versetzungen erzeugt und laufen los.
- Eine Versetzung erreicht einen Transistor. Der Kristall ist im kritischen Bereich nicht länger versetzungsfrei;
das Produkt landet im Müll
Die beiden TEM-Bilder rechts und links zeigen den Anfang einer solchen Versetzungsbildung; im Zentrum (dunkel)
die (amorphe) SiO2-Ausscheidung. Die mit "A" bezeichnete Ausscheidung rechts produziert Versetzungsringe. |
|
SiO2-Ausscheidung in Si als Versetzungsquelle |
|
|
|
Das ist kein theoretisches Horrorszenario, sondern traurige Realität in der
Halbleitertechnologie. Die Tatsache, dass es funktionierende Halbleiterbauelemente gibt, zeigt immerhin, dass man derartige
Schweinereien vermeiden kann. |
|
|
Schon wahr, aber: |
| |
|
© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)