7.2.3 Case Studies: Small Angle Grain Boundaries in Silicon II

siehe auch: englisches Skript!
Schon die reine Dreh-KWKG auf {111} ist viel komplizierter:
Abbildung: Die <111> Kleinwinkel-Drehkorngrenze in Silizium
Das ist die im Kapitel 1 gezeigte Folie zur Illustration der Komplexität der Natur. Jetzt kann das Bild verstanden werden. 4 Schritte sind erforderlich:
1. Das Netzwerk wird dreizählige Symmetrie haben müssen, d.h. wir brauchen einen Satz von 3 Schraubenversetzungen
2. Die 6-er Knoten sind nicht stabil, das Netzwerk spaltet auf in die stabile Konfiguration (andere Skala!)
3. Die Versetzungen sind aufgespalten, jeder 2. Knoten kann Energie gewinnen durch möglichst große Abstände zwischen den Partialversetzungen mit nur wenig zusätzlicher Stapelfehlerfläche
4. Die noch hochenergetischen "eingeschnürten" Knoten finden ebenfalls eine Möglichkeit, unter Energiegewinn aufzuspalten, dabei wird ein extrinsischer Stapelfehler gebildet; alle Versetzungen sind Shockleysche Teilversetzungen
5. Das komplette Netzwerk sieht aus wie nebenstehend gezeigt; es entspricht exakt dem TEM-Bild. Die Größe der aufgespaltenen Knoten hängt natürlich von der Stapelfehler-Energie ab; hier können sich kubische Kristalle noch kräftig unterscheiden.
Verallgemeinerungen
1. Franksche Formel. Der (indirekte) Zusammenhang zwischen dem Abstand von Versetzungen mit Burgersvektor b (der beliebig sein kann), dem Drehwinkel a (der im Prinzip auch beliebig sein kann) und der Ebene, in dem die KG liegt, ist wie folgt:
2. Beliebige KWKG (Also Mischungen aus reiner Kipp- und reiner Dreh-KWKG). Ist in der verallgemeinerten Frankschen Formel enthalten, allerdings sagt die Formel nichts über die Geometrie des Netzwerks. Dazu muß die (komplizierte) Bollmannsche O-Lattice Theorie herangezogen werden.
3. Große Winkel; also beliebige Korngrenzen. Die Franksche Formel führt dann auf Abstände zwischen Versetzungen mit "normalen" Burgersvektoren (vollständiege oder Partialversetzungen), die im Bereich der Gitterkonstante liegen, also sinnlos sind. Ausweg:
4. Korngrenzen mit Netzwerken aus KG-Versetzungen, also mit Burgersvektoren aus dem DSC-Gitter der nächstgelegenen low- S Orientierung. Die beliebige KG wird demnach aufgefaßt als eine KG in einer exakten low- S Orientierung plus eine überlagerte KWKG im zugehörigen DSC-Gitter. Die Franksche Formel kann weiterhin angewendet werden. Die Geometrien können extrem kompliziert werden, da allerlei Perversitäten dazukommen können (z.B. die Aufspaltung von Versetzungen im DSC-Gitter in Partialversetzungen im DSC-Gitter unter Bildung von Stapelfehlern im DSC-Gitter (in Silizium beobachtet)).
5. Korngrenzenversetzungen (auch sekundäre Versetzungen genannt in Abgrenzung zu den primären Versetzungen des "perfekten" Kristalls) sind i.a. mit Stufen in der Ebene der KG verbunden. Ein Beispiel zeigt:
Abbildung: Sekundäre Versetzung (b=a/10[130]) in einer S=5 Korngrenze.
  • Es ist eine Stufe entstanden; die Stufenhöhe ist ebenfalls im DSC-Gitter definiert.
  • Die Beziehung zwischen Stufe und Versetzung ist nicht trivial.
6. Korn- und Phasengrenzen können außer sekundären Versetzungen auch reine Stufen ohne Versetzungscharakter enthalten.
Der Unterschied liegt im Spannungsfeld.
  • Versetzungen haben Spannungsfelder, die mit |b| /r abklingen und weitreichend sind,
  • reine Stufen haben kein weitreichendes Spannungsfeld
Eine nähere Betrachtung erfolgt im Kapitel 8: Phasengrenzen

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