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In diesem Kapitel müssen wir den universalen Anspruch des vorhergehenden
Kapitels, daß alle Materialien Gegenstand der Materialwissenschaft sind, für
die Zwecke dieser Vorlesung etwas zurück nehmen, denn: |
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1. Haben wir nur begrenzte Zeit für
diese Einführung in die Materialwissenschaft. |
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2. Interessieren uns hier eher die technisch wichtigen
Materialien. |
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3. Gibt es Materialien, über die die Materialwissenschaft nach dem im Kapitel 1.1 gemachten Anspruch noch nicht
viel weiß. |
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4. Gibt es Materialklassen, die aus historischen
Gründen "in den Händen" anderer Wissenschaftsdisziplinen liegen.
So ist z.B. für Flüssigkeiten und Gase fast ausschließlich die Chemie zuständig. Für Polymere
war ebenfalls bis vor kurzem die Chemie zuständig. Dies ändert sich aber, seit einigen Jahren werden Polymerwerkstoffe
zunehmend ein Gebiet der Materialwissenschaft. Selbstverständlich ist auch in der Physik eine große - vielleicht
sogar die größte - Schar an Wissenschaftler auf dem Materialsektor tätig. Zu erwähnen sind weiterhin
die Mineralogen, die Hüttenkundler, selbst die Agrarier (im Zusammenhang mit "natürlichen Werkstoffen"). |
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Obwohl dieses Klassifikationssystem auf den ersten Blick einleuchtet, ist es nicht ohne Probleme: |
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Es ist nicht eindeutig oder konsistent. Granit könnte man z.B.
auch als Verbundwerkstoff der Mineralien, Quarz, Glimmer und Feldspat beschreiben und "Gummi" könnte sowohl
ein Naturstoff als auch ein Nichtmetall sein. |
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Wichtiger ist aber, daß die uns wichtigsten Materialien gar nicht eingeordnet werden können. Wo sollen die
Halbleiter (Si, Ge, GaAs, ...) stehen? Oder die Supraleiter? Die
Magnetwerkstoffe? |
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Natürlich könnte man sagen, daß die Fragen die Eigenschaften
in den Vordergrund stellen; die Frage ist aber, ob Eigenschaften als Klassifikationskriterium viel besser ist. Man kann
auch versuchen unter teilweiser Beibehaltung obiger Systematik etwas klarer zu klassifizieren, z.B. mehr technisch, oder mehr chemisch
(nach Bindungen geordnet). Man findet jedoch keine Klassifikation, die wirklich befriedigend ist. |
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Die meisten Klassifikationen der obigen Art stammen aus der Zeit, als letzlich die mechanischen Eigenschaften
im Vordergrund standen. Die erste Assoziation, die sich mit den angeführten Werkstoffgruppen einstellt, ist fast immer
etwas mechanisches oder strukturelles: Härte, Sprödigkeit, Festigkeit, .. . Mit dieser Erkenntnis und mit dem
Hintergrund, daß ganz saubere und systematische Definitionen von Werkstoffgruppen gar nicht möglich sind, macht
man sich zunehmend das Leben leicht und unterscheidet in der Definition nur noch zwischen: |
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Strukturmaterialien: Alle Materialien, bei denen die mechanischen
Eigenschaften im Vordergrund stehen, und |
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Funktionsmaterialien: Alle Materialien, die zu einer bestimmten
Funktionsgruppe gehören, z.B. Halbleiter, Magnetischen Werkstoffe, Sensormaterialien, Ionenleiter, Supraleiter, ... |
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Übertrieben hilfreich ist das auch nicht, aber kann man Arbeitsgebiete und Ausrichtungen klar abgrenzen.
Die Materialwissenschaft der Technischen Fakultät der CAU Kiel, beispielsweise, beschäftigt sich praktisch
nur mit Funktionsmaterialien, während die Forschungspartner im Forschungszentrum GKSS in Geesthacht fast nur
Strukturmaterialien bearbeiten. |
© H. Föll (MaWi 1 Skript)