7.2 Korngrenzenversetzungen

7.2.1 Kleinwinkelkorngrenzen

Zwei Grenzfälle:
In der gezeichneten Lage würde erst nach Drehung eines Korns um a eine exakte low- S Orientierung vorliegen. Zusammenfügen wie gezeichnet erzeugt damit Korngrenzen die nicht in einer exakten low- S Orientierung liegen.
Energetisch günstiger kann die Einführung von Korngrenzenversetzungen sein:
Eine "Wand" von Stufenversetzungen ermöglicht die notwendige Anpassung   Ein Netzwerk (nicht notwendigerweise quadratisch) von Schraubenversetzungen ermöglicht die Drehung
     
Damit besteht folgende Situation:
Zwischen den Versetzungen ist eine exakte "low S-Orientierung"
Die gesamte Fehlpassung ist auf die Versetzungen konzentriert
Damit einerseits Energieabsenkung zwischen den Versetzungen, andererseits Energieerhöhung durch die Versetzungen mit der Optimierung und damit Konsequenz:
Korngrenzen mit Korngrenzenversetzungen sind für kleine Abweichungen von einer "low S-Orientierung" i.a. günstiger als Korngrenzen ohne Versetzungen.
Die Burgersvektoren der Korngrenzenversetzungen sind notwendigerweise Vektoren des zum Koinzidenzgitters gehörenden DSC Gitters.
Frage: Wie wird das CSL-Gitter und das zugehörige DSC-Gitter berechnet?
Allgemeiner Fall für Korngrenzen: Zwei sich durchdringende Bravais Gitter des gleichen Typs (also auch z.B. trikline Gitter) und identischer Gitterkonstante
Noch allgemeiner für Phasengrenzen: Zwei sich durchdringende Bravais Gitter verschiedenen Typs und verschiedener Gitterkonstanten (Dann müssen nicht notwendigerweise Lösungen, d.h. Koinzidenzgitter existieren).
Antwort: Mit Mühe und nach W. Bollmann: "Crystalline Defects and Crystalline Interfaces", Springer 1970
Einige Lösungen für fcc Kristalle
S Erzeugung b aus DSC-Gitter
1 "Kleinwinkelkorngrenze" a/2 <110>, evtl. aufgespalten
3 Zwillingskorngrenze a/6 <112>, a/3 <111>
5 37° um <100> a/10 <130>, ...
9 39,9° um <110> 1/18<114>, 1/9<122>, 1/18<127>,
19 26,5° um <110> a/38 <116>, a/19<133>, a/19 <10,9,3>
41 12,7° um <100> a/82<41,5,4>, a/82<910>, ...
Man kann sich fragen, ob hohe S-Werte, wie der obige Wert von S=41, noch besonders sinnvoll sind. Die Antwort gibt das Experiment:
Abbildung: TEM Aufnahme einer S=41 Korngrenze mit Korngrenzenversetzungen des Burgersvektors b=a/82 <41,5,4> in einem Abstand von 20nm
Die "Streifung" ist eine Anordnung von Korngrenzenversetzungen mit dem obigen Burgersvektor! Wie kann man das feststellen? Mit Kontrastexperimenten wie bei Gitter-Versetzungen auch. Korngrenzenversetzungen haben Spannungsfelder wie normale Versetzungen auch; allerdings wegen dem viel kleineren Burgersvektor mit kleineren Beträgen. Mir entsprechenden Simulationen kann man die Erscheinungsform (inkl. Kontrastausslöschung, siehe Kap. 6.1) berechnen und mit den realen Bildern vergleichen.
Viele solche Analysen wurden gemacht; sie zeigen eindeutig, daß Korngrenzenversetzungen nicht nur existieren sondern auch noch alle Reaktionen, die man von "normalenVersetzungen kennt, durchführen können - inkl. der Aufspaltung in Partialversetzungen unter Einschluß eines Stapelfehlers im DSC-Gitter!

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