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Es ist gar nicht so einfach, außerhalb der "reinen" Mathematik
zu definieren was genau ein Vektor ist. Es ist aber auch nicht so furchtbar wichtig,
da es für den "Normalgebrauch" fast immer klar genug ist. |
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Für unsere Zwecke ist ein Vektor ein physikalisches
Objekt, d.h. eine real existierende Größe wie die Geschwindigkeit, die elektrische Feldstärke
oder eine Kraft, die immer beschrieben werden muß durch einen Betrag und eine Richtung. |
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Ein Vektor kann damit durch einen Pfeil repräsentiert werden, dessen Länge dem Betrag
entspricht und dessen Richtung eindeutig durch die Pfeilspitze gegeben ist. |
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In einem willkürlich gewählten Koordinatensystem (zur Einfachheit mit Ursprung am
Pfeilende) kann jeder Vektor dann durch seine drei Komponenten (den Projektionen
auf die Achsen) eindeutig beschrieben werden. |
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Damit erschließen sich sofort die wesentlichsten Eigenschaften, die zwar
in der folgenden Auzählung etwas redundant sind, aber damit auch mehr Klarheit schaffen. |
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1. Zwei Vektoren sind gleich, falls
sie in Betrag und Richtung übereinstimmen. |
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Eine einfache Aussage, aber mit "Tiefgang". Da eine Parallelverschiebung im Raum
den "Pfeil" nicht ändert, sind zwei Vektoren auch
dann noch gleich, wenn sie irgendwo im Koordinatensystem zu finden sind. Das hat eine sofortige Konsequenz: |
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Durch Pfeile repräsentierbare physikalische Größen, bei denen eine Verschiebung
des Pfeils eine unterschiedliche Situation ergibt, sind dann keine
Vektoren im strengen Sinn! |
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Ein Beispiel dazu: Eine Kraft F, die auf einen Massenpunkt
P wirkt, ist ein Vektor - denn es ist egal, wo genau im Raum sie auf P wirkt, es geschieht immer dasselbe.
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Eine Kraft F, die auf einen Hebelarm wirkt,
ist kein Vektor in voller Strenge, denn was geschieht ist vom Drehmoment
= Kraft mal Hebelarm abhängig; eine Verschiebung von F produziert eine neue Situation. |
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2. Vektoren werden addiert
indem man (in cartesischen KO-Systemen) ihre Komponenten addiert (dabei beginnen die Vektoren immer im 0-Punkt
des KO-Systems, wir dürfen sie ja beliebig verschieben). |
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Mit |
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F1 | = |
(x1, y1, z1) | |
| | F2 | = |
(x2, y2, z2) |
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folgt |
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F3 | = |
F1 + F2 | | |
| | = |
(x1 + x2, y1 + y2, z1
+ z2) |
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Umgesetzt auf physikalische Größen begrenzt diese Definition wiederum die Vielfalt
der möglichen Vektoren. In Worten sagt das Additionsprinzip: |
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Kommt man von einem gegebenen physikalische Zustand zu einem anderen, indem man
erst entlang des Vektors r1 läuft, und anschließend entlang des Vektors r2,
so ist der dann erreichte Zustand identisch zu dem Zustand den man erreicht wenn man gleich vom Ausgangszustand entlang
dem Vektor r3 = r1 + r2 läuft. |
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Das ist am besten zu verstehen, indem man sich anschaut für welche "Pfeile"
dies gilt und für welche es nicht gilt. |
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Die Aussage gilt sicherlich für Ortsvektoren, aber auch z.B. für Geschwindigkeiten,
Beschleunigungen oder Feldstärken. |
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Sie gilt aber beispielsweise nicht für Pfeile die
Drehungen symbolisieren indem man den "Drehpfeil" in die Drehachse legt und sein Länge proportional zum Drehwinkel
macht. Zum Beispiel produziert eine Drehung um 90o um die x-Achse, gefolgt von einer Drehung um
90o um die y-Achse, einen ganz anderen Zustand als eine Drehung
um die "Summenachse" (mal in Gedanken für ein schleuderndes Auto probieren!). |
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3. Vektoren sind invariant gegenüber
einer Koordinatentransformation. |
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Das muß so sein - schließlich kann die Beschreibung einer physikalische Größe
nicht davon abhängen, wie wir ein Koordinatensystem wählen. Ist der Pfeil einmal definiert, wird er immer gleich
bleiben, egal, wie wir das KO-System aufspannen. |
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Das gilt aber nur für den Pfeil "an sich" - den Vektor
- nicht für die Zahlenwerte seiner Komponenten. Diese sind notgedrungen immer auf
das KO-System bezogen. |
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Damit sind die Transformationseigenschaften
der Komponenten eines Vektors festgelegt. Hat der Vektor im x-y-z
KO-System die Komponenten (x1, y1, z1), müssen
sich die Zahlenwerte (x'1, y'1, z'1) in irgendeinem neuen System
x'-y'-z' in eindeutiger und definierter Weise aus der Transformationsvorschrift (= Transformationsmatrix) errechnen
lassen, die das neue System produziert. |
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Ein wichtiger Punkt am Rande: Die Aussage, daß ein Vektor beim Wechsel
des Koordinatensystems unverändert bleibt, gilt zwar auch bei einem Wechsel von
cartesischen zu nicht-cartesischen Systemen, beispielsweise beim Übergang von x-y-z Koordinaten zu Polarkoordinaten
- aber das gilt nicht immer für die Rechenvorschriften. Zwei Vektoren in Polarkoordinaten
werden nicht addiert, indem man ihre Komponenten addiert - mal ausprobieren! |
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Das reicht eigentlich schon. Denn daraus folgt die wesentliche Nutzung: Vektorgleichungen sind unabhängig von Koordinatensystem - und damit läßt sich
das Leben erheblich vereinfachen! |
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F = m · a gilt in jedem System: cartesisch,
polar, krumm - es ist egal. |
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Nach der Addition und Subtraktion, ist die Verknüpfung der Multiplikation
zu behandeln. Dies kann man bei Vektoren auf zwei sinnvolle Arten tun: Skalarprodukt und Vektorprodukt. |
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Das Skalarprodukt verknüpft
zwei Vektoren zu einem Skalar. Das Skalarprodukt S zweier Vektoren A und B
ist wie folgt definiert |
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S | = |
A · B = |A| · |B| · cos(A,B)
= A · B · cos(A,B) |
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Mit (A,B) = Winkel zwischen A
und B |
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Skalarprodukte sind kommutativ und distributiv: |
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A · (B + C + D + .... ) |
= |
A · B + A · C + A
· D + .... |
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In cartesischen KO-Systemen erhält man das Skalarprodukt durch die
Summation der Produkte gleichartiger Komponenten, d.h. |
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S | = |
A · B = Ax · Bx +
Ay · B + Az · Bz |
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Man erkennt ansatzweise die Eleganz der Vektorrechnung: Das Skalarprodukt zweier
Vektoren, die senkrecht aufeinanderstehen, ist immer = 0 - egal welchen numerischen Wert die Komponenten in irgendeinem
Koordinatensystem haben. |
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Das Skalarprodukt kann man leicht interpretieren |
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Da |A| · cos(A,B) gleich der Projektion
des Vektors A auf die Richtung von B ist (und umgekehrt), ist das skalare Produkt
identisch zu der Länge des einen Vektors multipliziert mit der projezierten Länge
des anderen. |
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Das Skalarprodukt hat eine herausragende Eigenschaft: Im Vergleich zu "normalen"
Produkten - d.h. dem Produkt zweier Skalare - kann es auch dann = 0 sein, wenn beide "Faktoren" ungleich
Null sind. |
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Das Skalarprodukt kann man auch nutzen, um den Betrag eines Vektors einfach zu
berechen. Dazu bilden wir einfach das Skalarprodukt des Vektors A mit sich selbst und erhalten |
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A · A | = |
Ax · ax + Ay · Ba
+ Az · az = A2 |
oder
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Das Vektorprodukt verknüpft zwei Vektoren
zu einem neuen Vektor. Das Vektorprodukt V zweier Vektoren A und B
ist wie folgt definiert: |
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1
V steht senkrecht auf der von A und B aufgespannten Ebene.
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2. Für den Betrag gilt |
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|V| |
= V = S = |
A| · |B| · sin (A,B) |
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= | A · B · sin(A,B) |
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Mit (A,B) = Winkel zwischen A und
B |
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3. Die Richtung von V wird durch eine "rechte Handregel"
gegeben. Im Klartext: Daumen und Zeigefinger der rechten Hand bilden einen rechten Winkel. Der Zeigefinger repräsentiert
den Vektor A; er wird in Richtung B gedreht so daß die Handfläche zeigt
auf B. Der Daumen zeigt dann in Richtung von V. Anders ausgedrückt: In Richtung
von V blickend, muß die im Uhrzeigersinn erfolgende Drehung von A auf B
den kleinstmöglichen Winkel überdecken. |
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Die wesentlichen Eigenschaften sind |
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d.h. das Vektorprodukt ist nicht mehr kommutativ. Es ist aber immer noch distributiv, d.h. |
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A × (B + C + D + .... ) |
= |
A × B + A × C + A
× D + .... |
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Damit gilt auch |
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a ·A × B | = |
a · (A × B) = A × a · B
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Die Komponenten von V errechnen sich in cartesischen
KO-Systemen wie folgt |
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Vx | = |
Ay · Bz – Az · By
| | | | Vy |
= |
Az · Bx – Ax · Bz
| | | | Vz |
= |
Ax · By – Ay · Bz
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Das kann man auch als Determinante schreiben: |
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V = A × B = |
÷ ÷ ÷ | x
Ax Bx | y Ay
By | z Az Bz |
÷ ÷ ÷ |
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Mit x, y, z = Einheitsvektoren
in den Achsenrichtungen. |
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Das Vektorprodukt hat einige wichtige direkt intepretierbare Eigenschaften: |
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Falls A × B = 0, müssen die beiden
Vektoren parallel sein. Insbesondere ist A × A = 0. |
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Die Fläche des von den Vektoren A und B
aufgespannten Parallelogramms ist gleich dem Betrag von A × B. |
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Produkt eines Vektors mit dem Skalarprodukt zweier anderer
Vektoren |
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Multiplizieren wir den Vektor A
mit dem Skalar produkt B · C zweier anderer Vektoren, ändern wir
einfach die Länge von A . |
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Es gilt |
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Aufpassen muß man nur, weil wir zwei verschiedene
Multiplikationen haben, insbesondere ist |
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A · (B · C) |
¹ | (A
· B) · C |
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Skalarprodukt eines Vektors mit dem Vektorprodukt zweier
anderer Vektoren |
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Wir erhalten einen Skalar, der auch Spatprodukt genannt wird.
Der resultierende Skalar ergibt das Volumen des von den drei Vektoren gebildeten Parallelepipeds. |
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Es gilt |
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A · (B × C) | = |
+ B · (C × A) | | |
| | = |
+ C · (A × B) | | |
| | = |
– A · (C × B) | |
| | | = |
– B · (A × C) | |
| | | = |
– C · (B × A) |
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Eine etwas trickreiche Vorzeichensache, die man wiederum viel eleganter in Determinantenform
ausdrücken kann: |
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A · (B × C) = |
÷ ÷ ÷
÷ | Ax Bx Cx
| Ay By Cy | Az
Bz Cz | ÷
÷ ÷ ÷ |
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© H. Föll (MaWi 1 Skript)