Lösungen zur Übung 2.1-1:

Wie groß sind Atome?

1. Wie oft muß man die Demokritsche Gedankenoperation ausführen?
Man müßte die Gedankenoperation etwa 80-mal ausführen, denn:
Da ein Atom einen Durchmesser von ca. 10–10 m hat, müßte man ca. 108 Atome aneinanderreihen, um eine Kette von 1 cm Länge zu erhalten. Für einen massiven Würfel mit einer Kantenlänge von 1 cm benötigt man also ca. 1024 Atome. Von einem Atom ausgehend, gilt für die Anzahl N der Schritte, mit der wir die Atomanzahl verdoppeln müssen, um den gesamten Würfel aufzubauen:
2N = 1024 oder
N = 24 ln(10) / ln(2) = 79,73
 
2. Wie groß müßte ein Atommodell sein, bei dem der Atomkern ca. 1 cm durchmißt?
Das Atommodell müßte einen Durchmesser D von 1 km haben, denn das Verhältnis von Atomdurchmesser zu Atomkerndurchmesser beträgt:
10–10 m : 10–15 m = 103 m : 10–2 m.
 
3. Wieviele Atome passen in einen Würfel mit der Kantenlänge 10 nm oder 100 nm?
Kantenlänge 10 nm:
Volumen des Würfels: VW = (10 nm)3 = 10–24 m3
Volumen eines Atoms: VA = (4/3) · p · r3,
mit r = 1/2 · 10–10 m
VA = 4/3 · 1/8 ·p · 10–30 m3 = 5,23 · 10–31 m3 = 5,23 · 10–22 mm3
Da Atome nicht eckig sind und somit ein gegebenes Volumen wie einen Würfel nicht vollständig ausfüllen, ist die Packungsdichte P, die von der jeweiligen Kristallstruktur bestimmt wird, mit zu berücksichtigen. Hierbei gilt:
P = Volumen der Atome im Würfel/Würfelvolumen
Wir erhalten damit für die gesuchte Zahl N
N · VA = P · VW , oder
N = P · VW/VA, mit dem Ergebnis
N = 1,9 · 106 für P = 100% (Eigentlich unmöglich, da Atome nicht eckig...)
N = 1,4 · 106 für P = 74% (Kubisch flächenzentriert) ö
÷
÷

ø

Was das bedeutet
lernen wir in Kapitel 3
N = 1,3 · 106 für P = 68% (Kubisch raumzentriert)
N = 0,99 · 106 für P = 52% (Kubisch primitiv)
- ziemlich viel Atome für so ein kleines Volumen!
Bei einer Kantenlänge von 100 nm erhalten wir dieselben Werte multipliziert mit 1 000, denn das Würfelvolumen ist jetzt 1000 mal größer.
 
4. Wieviel Fe - Atome auf der Oberfläche eines quadratischen Si - Kristalls (Kantenlänge 1cm und Dicke 1 mm; das ist ein Stück eines Wafers für die Mikroelektronik) reichen aus, um nach Eindiffusion ins Volumen (gleichförmige Verteilung angenommen) , die kritische (für Chips) Konzentration von ca. 1012 cm –3 zu erreichen?
Wie groß ist diese Konzentration in % der Konzentration der Si - Atome an der Oberfläche (in cm–2)?
Berechnung der Anzahl der benötigten Eisenatome:
Volumen des Si-Kristalls: VSi = 0,1 cm3
Die kritische Konzentration ist Kcrit = 1012 cm–3, daraus folgt für die Zahl der Eisenatome NFe
NFe/VSi = = 1012 cm–3, oder
NFe = 1012cm–3 · 0,1 cm3 = 1011
Somit reichen 1011 Eisenatome aus, um die kritische Konzentration zu erreichen.
Berechnung der Oberflächenkonzentrationen:
Oberfläche O des Si-Kristalls:
O = 2 cm2.
Die Oberflächendichte DFe der Eisenatome beträgt somit:
DFe = NFe/O = 1011/ 2 cm2) = 5 · 109 cm–2.
Da die Gitterkonstante von Silizium a = 0,543 nm beträgt, und Silizium eine 2-atomige Basis aufweist, sitzt auf der Oberfläche O des Kristalls folgende Anzahl NSi an Si-Atomen:
NSi = 2 · (O/a2)
= 4 cm2/ (0,543 nm)2
NSi = 13,5 · 1014
Die Oberflächendichte DSi der Siliziumatome beträgt somit:
DSi = NSi/O = 6,7 · 1014 cm–2.
Es ergibt sich an der Oberfläche des Kristalls also folgendes Verhältnis G von Eisen- zu Siliziumatomen:
G » (NFe/NSi) oder
G » 7,4 · 10–5 = 0,0074 %
Das heißt: Falls nur 0,0074% aller Oberflächenatome aus Eisen sind, ist der Chip anschließend kaputt.
 
5. Hochauflösende Bilder der Elektronenmikroskopie sind typischerweise 18 cm x 14cm groß und zeigen Atomreihen (senkrecht zur Bildebene) die als verschwommene Punkte mit Durchmessern von ca 1 mm erscheinen, wobei alle Atome, die in einer Säule von ca. 30 nm Dicke stecken, aufeinander projeziert werden - ein Beispiel ist im Link zu sehen. An den ca. 500 Mikroskopen die seit ca. 15 Jahren im weltweiten Einsatz sind, werden täglich ca. 10 Bilder produziert.
Wieviel Atome wurden - ganz grob - damit weltweit bisher angeschaut?
Ganz grob (d.h. ohne Berücksichtigung der Packungsdichte) wurden damit weltweit bisher 2,57 ·1014 Atome angeschaut, denn
N = 15 · 356 ·10 · 500 · (30 nm/10–10 m) · [18 cm ·14 cm) / (p(1/2 mm)2]
N = 15 · 356 ·10 · 500 · (3 · 10–8 m/10–10 m) · (18 · 10–2 m · 14 · 10–2 m)/[(p · (1/4) · 10–6 m2]
N = 2,57 · 1014
 
6. Wie groß ist damit das bisher mit Elektronenmikroskopen untersuchte Volumen aller betrachteten Materialien?
Das Volumen eines Atoms ist etwa
1/6p · 10–30 m3 = 5,23 · 10–22 mm3.
Das gesamte mit Hochauflösung untersuchte Volumen beläuft sich damit auf
V = 2,57 · 1014 · 5,23 · 10–22 mm3 = 13,44 · 10–8 mm3 = 134,4 µm3.
Das ist nicht übertrieben viel, wenn man bedenkt welche allgemeinen Schlüsse Elektronenmikroskopiker aus ihren Beobachtungen gerne ziehen! Auch das mit kleinerer Auflösung untersuchte Volumen ist nicht besonders groß; es liegt im cm3 Bereich.
 
PS: Zu recht heißt es:
"Die schärfsten Kritiker der Elche
waren früher selber welche"

(Robert Gernhardt)
Ich war auch mal Elektronenmikroskopiker.
 

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© H. Föll (MaWi 1 Skript)