 | Wir fangen, um Zustandsdichten zu verstehen,
nochmal ganz von vorne an: |
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Wir haben ein Atom, z. B. ein Si-Atom.
Wir lösen die Schrödingergleichung für seine 14 Elektronen und bekommen
¥ viele Lösungen oder Zustände
yn,l,m(x,y,z), die
nach den Quantenzahlen
n, l, m sortiert werden, außerdem eine Energie En,l,m
für jeden Zustand. |
|  | Wir wissen, dass auf jedem Zustand zwei und nur zwei Elektronen sitzen können:
Eines mit "Spin rauf" (bzw. vierte Quantenzahl s = +½) und eines mit
"Spin runter" (bzw. s = –½). |
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Bei näherer Betrachtung der Lösung stellen
wir fest, dass verschiedene Zustände dieselbe Energie haben können. Auf einem Energienievau
haben dann mehr als zwei Elektronen Platz; wir nennen das betreffende Energieniveau dann x-fach
entartet. |
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In einem schematischen
Potentialtopfbild stellen wir das so dar: |
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Gezeigt sind die Energieniveaus der Elektronen
des Atoms in einem Potentialtopf . Die Elektronen füllen "von unten her",
d. h. von den tiefsten Energien her, die verfügbaren Zustände oder Plätze auf. |
| |  | Ein Energieniveau
wird häufig entartet sein, es gibt dann doppelt so
viel Plätze (Spin rauf / runter) wie der jeweilige Entartungsgrad angibt. |
| |  |
Die Wellenfunktionen
der Zustände habe eine typische Gestalt; sie codieren hier die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
des Elektrons. Im Schemabild sind zwei Beispiele für Wellenfunktionen gezeigt |
| |  | Auf
irgendeinem Energieniveau ist dann das letzte Elektron untergebracht – im Schemabild
sind das 2 durch grüne Pfeile symbolisierte Elektronen. Bei Si wäre
das das 3p2-Niveau, d. h, das Energienieveau das zu den Quantenzahlen n = 3, l
= 1 = s gehört, und auf dem 2 Elektronen sitzen. Diese beiden Elektronen sind
schematisch durch die grünen Pfeile mit Spin rauf / runter dargestellt. |
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Jetzt bilden wir einen Silizium-Kristall
. Dazu nehmen wir viele Atompotentialtöpfe und überlagern sie im richtigen Bindungsabstand
graphisch und rein qualititativ. Wir bekommen das schon oft
verwendete schematische Bild: |
|  | Die "oberen" Energieniveaus müssen in zahlreiche
Einzelniveaus aufspalten, damit die 1024 oder so Elektronen des Kristalls
genügend Zustände finden – nur mit Entartung eines
Energieniveaus ist das nicht zu schaffen. |
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|  | Außerdem muss die Energie der Elektronen in der entstehenden Bandstruktur
tiefer sein können als im Einzelatom – sonst gäbe es keinen Grund, warum die
Atome Bindungen eingehen sollten. |
 | Im
rechten Teil des obigen Bildes ist gezeigt, wie das wirklich geht. |
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Die beiden "letzten" besetzten Niveaus
beim Si-Atom sind 3s2 und 3p2. Bringt man die Atome
von Abstand r = ¥ auf kleinere Abstände,
beginnen sie sich so um r = 1 nm zu "spüren". Mit kleiner werdendem
Abstand spalten die beiden Einzelniveaus auf in jeweils zwei durch eine Energielücke
, d. h. zustandsfreie Zone getrennte "Bänder".
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|  | Beim tatsächlichen
Bindungsabstand (= Energieminimum unter Berücksichtigung der hier nicht gezeigten abstoßende
Kräfte) entsteht das Valenzband und das Leitungsband, getrennt durch eine Energielücke von 1,1
eV) jeweils aus einer Mischung von 3s- und 3p-Zuständen (den mal kurz
erwähnten sp3 -Hybridorbitalen
). |
|  | Die Zustände
im Valenzband liegen energetisch tiefer als im Atom. Bindung und Kristallbildung bringt also
tatsächlich einen beträchtlichen Energiegewinn für die 3p-Elektronen
des Einzelatoms, und selbst die 3s-Elektronen können sich energetisch noch etwas
"verbessern". |
 | Wie kommen
wir jetzt auf die Zustandsdichte in den Bändern?
Erstmal durch Rechnen! |
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Zur Berechnung der Zustandsdichte |
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Was unter dieser Überschrift
steht, ist nur für das Verständnis wichtig. Gläubige, die das Ergebnis ohne
weiteres akzeptieren, können das alles überschlagen. Wissen muß man die Details
jedenfalls nicht. |
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Was wir tun müssen ist klar: Wir schreiben
das in drei Dimensionen periodische Potential der Elektronen hin (also eine passende Formel
für die oben gezeigten Töpfe), setzen die Formel in die Schrödingergleichung ein, und lösen sie dann. |
|  | Das geht –
mit diversen Tricks und Näherungen. Wer mal sehen will, wie man anfängt, betätigt
die Links: Noch relativ
einfach – Mit
Fouriertransformationen. |
 | Wir haben das übrigens im Ansatz auch schon mal gemacht: In Übung 2.3.1, die wir aber "damals"
noch nicht so ernst genommen haben. |
|  |
Was haben wir in dieser Übung gemacht? Das schauen wir
uns jetzt nur der Spur nach an; es wird uns aber sehr deutlich machen, wie man zu den Zustandsdichten
in den Bändern kommt. |
 | 1.
Schritt: Wir haben statt einem periodischen Potential
in einer Näherung (noch vollständig unklarer
Güte), erstmal ein konstantes Potential genommen,
und damit erstmal nur eine eindimensionale Schrödingergleichung aufgestellt. |
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2. Schritt: Löse die Schrödingergleichung.
Die Lösungen waren einigermaßen einfach zu erhalten. Wir bekamen (erweitert auf
dann drei Dimensionen) die Wellenfunktionen oder Zustände: |
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y(r) | =
| æ ç è |
1 L |
ö ÷ ø | 3/2 | · exp | (i · k · r) |
kx = ±
| nx · 2p
L | |
ky = ± | ny
· 2p L |
| kz = ± |
n z · 2p L |
E
| = | 2 · k x 2 2me
| | |
|
 |
Die Quantenzahlen sind die nx,y,z
die auf den Wertebereich nx,y,z = 0, ±1, ±2, ...ny
beschränkt sind. Wir haben also formal folgende Zustände und Energien - ynx, ny, nz( r) = yk
(r).
- E nx, ny, nz = Ek
wobei wir als Index für die Quantenzahlen der einfacheren Schreibweise wegen auch
gleich den hier diskreten Wellenvektor k
als eine Art vektorieller Quantenzahl schreiben. |
 | 3. Schritt: Interpretation der Lösungen als ebene
Wellen mit Impuls k und rein
kinetischer Energie E = 2 · kx
2 / 2me. Das interessiert uns hier aber nicht mehr so sehr. |
| 4. Schritt: Berechnung der Energieniveaus
und des Entartungsgrades. |
|  | Das ist der Punkt, an dem wir hier besonders interessiert sind.
Die Vorgehensweise ist einfach: Wir fangen bei den kleinstmöglichen k-Werten
an und berechnen jeweils die Energie aus obiger Formel. Dabei fällt uns sofort auf, dass
praktisch immer Entartung vorliegt, da ein-und derselbe
Zahlenwert für k x2 und damit E sich
aus verschiedenen k's ergibt: |
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Quantenzustand
| Energie
(× Konstante ) |
Zustände |
Zahl der e– pro E | nx |
ny | nz
| 0 | 0 |
0 | 0 | | 1 |
2 | ±1 0 0 | 0 ±1 0 | 0 0 ±1 |
1 | 2 2
2 | 6 |
12 | ±1 ±1 0 | ±1 0 ±1 | 0
±1 ±1 | 2 | 4 4 4 | 12 | 24 | ±1 | ±1 | ±1 | 3 | | 8 |
16 | ±2
0 0 | 0 ±2 0 | 0 0 ±2 | 4 | 2 2 2 | 6 | 12 | Weiter
ohne Details | 2 | 1 |
0 | 5 | | |
48 | 2 | 1 |
1 | 6 | | |
? | 2 | 2 |
0 | 8 | | |
? | 2 | 2 |
1 | 9 |
| | ? | 3 |
0 | 0 | | | und so wie weiter? |
|
|  | Zeichnet
man das schematisch auf, erhält man das folgende Energie und Besetzungsschema: |
| |
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Damit haben wir alles was wir brauchen: Wir halten
fest. |
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- Schon ein extrem einfaches Potential gibt uns ein "kompliziertes"
Energieschema. Wir haben alle Energien von "0" bis "10"
– außer der Energie "7". Warum das so ist, ist klar: "7"
kann nicht als Summe dreier Quadratzahlen dargestellt werden.
- Der Entartungsgrad
und damit die Zahl der Plätze N pro E-Niveau ist von E-Niveau
zu E -Niveau recht verschieden - wir haben die Sequenz 1 - 6 - 12 - 8 - 6
- ....
- Auf Anhieb ist nicht so recht klar wie's weitergeht - es ist kein Bildungsgesetz
für den Entartungsgrad erkennbar.
|
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 |
Der dritte Punkt ist aber etwas irreführend. Aus der Abzählung
wie in der Tabelle vorgenommen, läßt sich zwar in der Tat kein Bildungsgesetz für
Energien und Entartungsgrad erkennen, aber wenn man ein bißchen genauer hinschaut findet
man eine einfache Formel für die Zustandsdichte D(E) = dN/dE
, die für nicht zu kleine Energien eine gute
Näherung darstellt. |
| | D(
E) = | 1 Vkrist
| · | N(E + DE) – N(E) DE | = | 1 Vkrist | · | dN(
E) dE | = |
(2 · me)3/2 2 · p2 · 3 |
· E 1/2 | |
|
 |
In Worten: Im Bereich E und E
+ DE gibt es D(E) ·
DE Zustände
und damit genau doppelt so viel Plätze pro cm3
für Elektronen |
|  | Mehr wollten wir eigentlich gar nicht wissen. |
 |
Wie gut ist denn die Näherung mit konstantem
Potential oder, wie man das allgemein nennt, die Näherung des "freien
Elektronengases"? |
|  | Erstaunlich gut! Aber notgedrungen doch noch weit weg von der Realität.
Eine reale Zustandsdichte sieht zum Beispiel so aus: |
| | |
| Woher hat man diese Kurven? In der Regel sind
sie gemessen. Wie, das lassen wir mal dahingestellt. |
|  | Heutzutage
kann man Zustadsdichten von nicht zu komplexen Kristallen aber auch hinreichend genau rechnen
– allerdings aber nicht mehr "von Hand". |
|
 |
Was immer sich ergibt: das Prinzip ist dasselbe wie beim freien
Elektronengas. Dass nicht immer alles in einfachen Formeln ausgedrückt werden kann, ist
halt so. |
 | Das einzige
was man sich merken muss ist: Die Zustandsdichte (in Form einer Kurve) eines (Halbleiter)
Materials ist letztlich ein "Materialparameter".
Hat man diesen Parametereinmal gemessen oder gerechnet,
hat man ihn für alle Zeiten. |
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Fermiverteilung, effektive Zustandsdichte und Boltzmann-Näherung
|
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Wie groß ist die Dichte nL
der Elektronen im Leitungsband eines Halbleiter mit jetzt gegebener Zustandsdichte? |
|  | Einfach:
Die Antwort auf eine Frage dieser Art ist immer dieselbe:
(Volumen)dichte der Plätze (N(E) = D(E) · DE
) mal Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron draufsitzt
(Fermiverteilung; f(E; EF, T) und dann aufsummieren
(= integrieren). In Formeln also |
| |
n L = | ¥
ó õ EL
| D(E) · f(E;EF, T) ·
dE | | |
|
 |
Für Puristen: Wir dürfen bis ¥ integrieren, da die Fermiverteilung bei großen Energien
sowieso alles auf null setzt. Das sieht man ganz gut in dem folgenden Bildchen: |
| |
|
|  | Für alle:
Man tut gut daran, sich die Zeit zu nehmen, um dieses Bildchen gut zu durchdenken und wirklich
gut zu verstehen – und zwar bezüglich seiner Aussage, wie nL
rechnerisch zustandekommt. |
 | Wir
machen uns das Leben einfach und benutzen zwei Näherungen: - Die
Boltzmann-Näherung f(E;EF, T)
» exp[–(E – EF)/(k
BT)]. Das ist eine gute Näherung, solange die Fermienergie einige
kBT unter der betrachteten Energie E liegt.
- Die
Näherung der effektiven Zustandsdichte.
Das ist eine gute Näherung, solange die Fermienergie einige kBT
unter der betrachteten Energie E liegt – s.o. Wir ersetzen das Integral
dann durch die simple Formel:
n L »
| Neff · exp[–(EL
– EF)/(k BT)] | |
|
|  | Für die 2. Näherung benutzen wir schlicht die Tatsache,
dass ein bestimmtes Integral letztlich eine Zahl ist,
und die kann man unter den gegebenen Umständen auch wie gezeigt schreiben. Damit müssen
wir jetzt als neuen (und einfacheren) Materialparameter die effektiven Zustandsdichten
Neff für die verschiedenen Halbleiter bestimmen – getrennt
für Leitungs- und Valenzband; statt einer Kurve nur noch eine Zahl. |
|  | Das tun wir durch
Nachschauen in der Literatur. Hier sind die wichtigsten effektiven Zustandsdichten; für Si auch noch mit der (immer
vorhandenen) Temperaturabhängigkeit: |
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| Halbleiter | Effektive Zustandsdichte (in 1018 cm–3) |
Leitungsband | Valenzband | Silizium
(Si) | 24 | 15 |
Germanium (Ge) | 10 | 6 | Galliumarsenid (GaAs) | 0,5 | 7 | Galliumnitrid
(GaN) | 0,5 | 3 |
T / K | 100 |
200 | 300 |
500 | 1000 |
Silizium: Neff(T) (in 1018 cm–3) |
4,59 | 13,0 | 23,9 | 51,3 | 145 | |
|  | Wir
nehmen zur Kenntnis, dass die effektiven Zustandsdichten im Leitungs- und Valenzband etwas
verschieden sind, werden aber, um die Dinge einfach zu halten, diese Unterschiede in Zukunft
ignorieren. |
|  | Wir
nehmen auch noch gerade so zur Kenntnis, dass man, je nachdem, wo man nachschaut, etwas verschiedene
Zahlen findet. Ab und zu wird die Zustandsdichte auch noch mal mit verbesserten Methoden nachgemessen;
wenn man es genau wissen will, kommt man also nicht darum herum, erst mal die neueste wissenschaftliche
Literatur zu konsultieren. |
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Wir beschließen dieses Kapitel mit den drei Grundformeln, die wir noch sehr oft brauchen werden: |
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Dichte neL der mit Elektronen
besetzten Plätze im Leitungsband | | | | |
| | |
neL | = |
Neff · exp( – |
EL – EF
kBT | ) |
| |
| | | |
Dichte nhV der Löcher,
also der nicht besetzten Plätze im Valenzband |
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| | |
| nhV |
= | Neff ·
exp( – | EF –
EV kBT | ) | | |
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| Massenwirkungsgesetz
| | | |
| | |
| n eL
· nhV | = | Neff2
· exp( – | EL –
EV kBT | ) = const.(T) |
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 | Das gibt uns Gelegentheit für eine schöne Übungsaufgabe: |
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|  | Außerdem
haben wir natürlich noch die schnellen Fragen: |
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© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)