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Energieerhaltung beim Band-Band-Übergang |
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Wir betrachten jetzt nur noch Halbleiter. Sie unterscheiden sich von Isolatoren
zunächst nur durch die
Möglichkeit, daß die bei Raumtemperatur verfügbare thermische
Energie (kBT)RT » 1/40 eV ausreicht, um einigen wenigen
Elektronen den Sprung vom (vollen) Valenzband ins (leere) Leitungsband zu
ermöglichen. |
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Der Übergang von Elektronen
vom Valenzband ins Leitungsband sowie der umgekehrte Prozeß, der
Übergang von Elektronen im Leitungsband zu freien Plätzen im
Valenzband, sogenannte Band-Band-Übergänge, sind also unmittelbar
verantwortlich für die elektrische Leitfähigkeit der Halbleiter. Wir
müssen sie etwas näher betrachten. |
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Jeder solcher Übergang bedeutet
einen Wechsel von einem Zustand mit einem Wellenvektor
k1 zu einem neuen Zustand mit einem
Wellenvektor k2. Dabei ändern sich
Energie und Impuls des Elektrons. |
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Da aber der Energie- und der
Impulserhaltungssatz auch in der Quantentheorie gelten, müssen wir uns mit
den damit verbunden Konsequenzen beschäftigen. |
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Wir betrachten zunächst den
Energieerhaltungssatz. Der Klarheit halber
nehmen wir Photonen, also Licht, mit der
eindeutig definierten Energie EPhoton = h ·
n , um Elektronen aus dem Valenz- ins
Leitungsband zu lupfen. |
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Das Photon trifft
ein Elektron irgend"wo" im Valenzband unseres Halbleiters. Das
"wo" bezieht sich dabei sowohl auf den Ort im Ortsraum als auch im
k-Raum. In der folgenden Zeichnung hat das
"getroffene" Elektron den Zustand k; damit ist
alles über den Zustand "vorher" gesagt: |
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Für den Zustand "danach" gibt es
nun zwei Möglichkeiten:
1.) Die Energie des Photons reicht aus, um das Elektron
mindestens bis zur Unterkante des nächsthöheren Bandes zu heben.
2.) Die Energie des Photons reicht dafür nichtaus. |
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Eine weitere Möglichkeit gibt es nicht, da
das untere Band das Valenzband und also komplett gefüllt ist; freie
Plätze stehen nur im oberen Band (dem Leitungsband) zur Verfügung.
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Zur ersten Möglichkeit:
Falls die Photonenenergie groß genug ist, um das Elektron mindestens bis
zur Unterkante des nächsthöheren Bandes zu heben, wird das mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit auch passieren. |
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Im obigen
E(k)-Diagramm gibt es aber bei der Energie hn über dem Start-Zustand k gar keinen Zustand; wir müssen
das Elektron also in den energetisch passenden Zustand in der 2.
BZ "transferieren" (roter Pfeil nach rechts). Dadurch hat das
Elektron dann einen anderen (größeren) Wellenvektor. |
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Das Elektron "sitzt" also
nun im Zustand k'1
im sonst leeren Leitungsband. Da es nun für unser Elektron
jede Menge freie Plätze bei kleineren Energien gibt, wird es nicht lange
auf seinem ersten Platz bleiben, sondern sich von Platz zu Platz "nach
unten" sinken lassen, bis es das Energieminimum des Leitungsbandes bei
k'2 erreicht hat;
angedeutet durch die kleinen roten Pfeile nach unten. |
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Die Überschußenergie geht
dabei portionsweise ins Gitter, d. h. der Kristall wird ein bißchen
wärmer. In der Zeichnung ist das formal-abstrakt so dargestellt, daß
das hinunterhüpfende Elektron Phononen emittiert. (Phononen sind
die Teilchen, die quantisierten Gitterschwingungen entsprechen – analog
zu den Photonen als Lichtteilchen.) |
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Dieser Prozeß heißt
Thermalisierung. Er erfolgt sehr schnell – in 10–13 bis
10–11 Sekunden ist alles vorbei. |
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Zur zweiten Möglichkeit:
Falls die Photonenenergie nicht groß genug ist, um das Elektron
mindestens bis zur Unterkante des nächsthöheren Bandes zu heben,
passiert nichts! Und das ist eine sehr wichtige Aussage! |
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Denn das bedeutet, daß es
für hn < EG
keine Absorption des Photons geben kann.
Für Photonen mit kleinerer Energie als die der Bandlücke ist der
(perfekte) Kristall komplett durchsichtig ! |
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Es sind also auch fundamentale optische
Eigenschaften im Banddiagramm enthalten! |
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Die Darstellung im Banddiagramm
rechts ist natürlich wieder viel einfacher, weil wir uns nicht um die
k-Werte kümmern. Dafür können wir hier eine
andere wichtige Sache einfacher wiedergeben als im
E(k)-Diagramm: Das ins Leitungsband transferierte
Elektron hinterläßt einen unbesetzten Platz
im Valenzband, ein "Loch"; es ist als kleines blaues
Quadrat eingezeichnet. |
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Das Loch ist der einzige freie Platz, auf den das
Elektron aus dem Leitungsband zurück ins Valenzband springen könnte.
Weil aber auf diesen freien Platz sehr leicht auch die anderen Elektronen im
Valenzband springen können, die energetisch höher sitzen als das
Loch, rückt das Loch ziemlich fix an die Oberkante des Valenzbandes. |
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Das geschieht sehr schnell – denn auch hier
geht es um Thermalisierung. Weiter unten (und in den folgenden Abschnitten)
mehr zu den Löchern, jetzt wir müssen uns erst noch um folgendes
Thema kümmern:
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Impulserhaltung beim Band-Band-Übergang |
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Wir müssen nun den Impuls des
Systems vorher und nachher
betrachten. Das ist erheblich schwieriger als die Betrachtung der Energie,
da der quantenmechanische Impuls von Photon, Kristall und Elektron nicht so
unmittelbar klar ist wie die Energie. |
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Wir müssen hier etwas an der Oberfläche
bleiben und werden einige "Dinge" einfach postulieren. Trotzdem
läßt sich eine wichtige
Beziehung leicht verständlich machen: |
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In der Quantenmechanik ist der Impuls immer gegeben durch |
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Impuls |
= p =
·
k |
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Das gilt für Elektronen, Photonen und
Phononen. Da die Wellenlängen von (Licht-)Photonen immer sehr viel
gößer sind als die der Elektronen und Phononen (l von Photonen liegt im Bereich von 1 µm,
bei Elektronen und den hier wichtigen Phononen eher im nm-Bereich), ist
ihr Wellenvektor entsprechend viel kleiner. Damit
können wir den Impuls der Photonen in 1. Näherung schlicht
komplett vernachlässigen . |
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Zum Merken: |
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Photonen haben Energie, aber kaum
Impuls.
Phononen haben Impuls, aber
kaum Energie.
Elektronen haben Impuls
und Energie. |
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Es geht damit nur noch um den Impuls
des Elektrons "vorher" (im Valenzband; Wellenvektor
k) und "nachher" (im Leitungsband; Wellenvektor
k'). |
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Für den Unterschied schreiben wir Dp, die Differenz des Impulses nachher
minus dem vorher. Wir haben: |
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Dp = |
· (k'
– k) |
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Diese Differenz ist auf jeden Fall nicht null,
und das ist ein Problem, denn der Impulserhaltungssatz sagt, daß diese
Impulsdifferenz exakt ausgeglichen werden muß – und das bedeutet,
daß der Impulserhaltungssatz für das Elektron ohne dritten Partner (der sich um diese Impulsdifferenz
kümmert) nicht zu erfüllen ist. |
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Das Besondere an dieser Situation ist
zudem, daß im perfekten Kristall auch der Impulserhaltungssatz von der
Perfektheit des Kristalls beeinflußt ist; ohne weitere Herleitung nehmen
wir zur Kenntnis, daß der Impulserhaltungssatz im Kristall
lautet: |
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k'
– k = G
G = reziproker Gittervektor |
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Das sollte uns nun sehr bekannt
vorkommen. Es ist die gute alte Bragg-Bedingung – mit einer
Verallgemeinerung: |
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|k| = |k'| braucht nicht
mehr erfüllt zu sein! |
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Das bedeutet, daß wir jetzt
auch inelastische Streuung zulassen
– und also bildet das Kristallgitter als Ganzes den erforderlichen
dritten Partner, ohne den der Impulserhaltungssatz für das Elektron nicht
zu erfüllen wäre. Deshalb spricht man hier auch vom
Kristallimpulserhaltungssatz. |
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Ob das nun einfach oder kompliziert
ist, sei dahingestellt, es
hat jedenfalls einschneidende Konsequenzen! |
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Reduziertes Banddiagramm |
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Wenn wir die Darstellung des
Band-Band-Übergangs im E(k)-Diagramm
oben wieder betrachten, bedeutet
Impulserhaltung nun, daß der nach rechts weisende rote Pfeil entweder die
Länge null oder die Länge eines reziproken
Gittervektors haben muß. |
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Das hat er aber sicher nicht, denn
in der Zeichnung wäre der kürzestmögliche reziproke Gittervektor
so lang wie beide Brillouinzonen zusammen – man erinnere sich, daß
die Ränder der Brillouinzonen bei der Hälfte der reziproken
Gittervektoren liegen! |
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Die Konsequenz ist
einfach: Der oben gezeichnete Band-Band-Übergang kann gar nicht stattfinden, denn er verletzt den
Kristallimpulserhaltungssatz! |
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Um Energie- und Kristallimpulserhaltung gleichzeitig zu
erfüllen, müßten wir also im E(k)-
Diagramm solange mit zwei vorgegebenen
Strecken (den beiden roten Pfeilen) an der Dispersionskurve rauf- und
runterfahren, bis wir zwei k-Werte finden, bei denen alles
paßt. Das tun wir aber nicht, sondern wir lassen uns etwas einfallen, das
die Arbeit sehr stark erleichtert. |
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Die
E(k)-Diagramme lassen sich sehr viel platzsparender
zeichnen, wenn man eine kleine Vereinbarung bezüglich eines
zeichentechnischen "Tricks" trifft: Wir malen alle Zweige der
E(k)-Kurven der diversen Brillouin-Zonen in die
1. Brillouin-Zone. Man weiß ja, zu welcher BZ irgendein Ast
gehört – man muß nur von unten kommend abzählen. |
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Praktisch geht das ganz einfach: Wir
verschieben jeden Ast solange um reziproke Gittervektoren nach innen, bis er in
die 1. BZ fällt. Das sieht so aus: |
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Diese "Sparversion" der
E(k)-Kurven heißt
reduzierte
Darstellung oder reduziertes
Banddiagramm. (Es ist die allgemein übliche Form des
Banddiagramms, daher läßt man das "reduziert" in der
Praxis wieder weg.) |
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Damit sparen wir nicht nur eine Menge
Platz, sondern die von Impuls- und Energieerhaltungssatz erlaubten Übergänge liegen jetzt einfach senkrecht
übereinander. (Zur Erinnerung: Das liegt daran, daß ein
Photon praktisch keinen Impuls hat und sich also bei einem solchen
Übergang der Kristallimpuls nicht ändert.) |
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Das ist leicht einzusehen: Jeder
Übergang, der energetisch paßt, erfüllt automatisch den
Kristallimpulserhaltungssatz, denn die diversen Äste der
E(k)-Kurve unterscheiden sich ja genau durch einen
reziproken Gittervektor. |
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Die Absorption eines Photons sieht jetzt also so
aus wie links dargestellt. Die Länge des Pfeils mit der Energie hn muß nur noch an die passende Stelle zwischen
den zwei Ästen gezeichnet werden. |
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Wir wollen diese Vereinbarung, für
Band-Band-Übergänge das reduzierte Bandschema zu verwenden, zukünftig
automatisch einhalten. (Dies ist im übrigen auch durch die harte Theorie
zu rechtfertigen, die unter der Bezeichnung "Bloch-Theorem" bekannt
ist.) |
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Band-Band-Übergänge zeichnen wir
zukünftig auch im einfachen Banddiagramm nur noch senkrecht nach oben
– und nach unten. Denn alles, was wir
bisher gelernt haben, gilt selbstverständlich nicht nur für die
Schaffung eines Elektron-Loch-Paares durch den Übergang eines Elektrons
vom Valenz- ins Leitungsband, sondern auch für die Rekombination, die
Wiedervereinigung von Elektron und Loch. |
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Versuchen wir, das im obigen Bild einzutragen,
bekommen wir ein Problem: Nach der
Thermalisierung von Elektron und Loch sitzen sie im gezeichneten Beispiel nicht
mehr senkrecht übereinander! Ein
Übergang nach unten und damit Rekombination ist ohne Verletzung des
Kristallimpulserhaltungssatzes nicht möglich! |
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Direkte und indirekte Halbleiter |
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Der entscheidende Punkt ist,
daß es in einem reduzierten Banddiagramm ganz generell genau zwei
Möglichkeiten für die Bandkanten gibt, durch welche die fundamentale
Bandlücke definiert wird: |
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1.) Das Maximum des
Valenzbandes sitzt im k-Raum genau unter dem
Minimum des Leitungsbandes. |
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2.) Das Maximum des Valenzbandes und das
Minimum des Leitungsbandes liegen bei verschiedenen
k-Werten. |
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Wir schauen uns mal an, wie das
(schematisch) in realen Materialien
aussieht: |
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In der oberen Reihe sind Minima und Maxima
übereinander; wir nennen Materialien mit dieser Eigenschaft
direkte Halbleiter. Das freie
Elektronengas als Referenz gehört formal auch dazu. |
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Die untere Reihe zeigt
indirekte Halbleiter (wir zählen
Diamant mal dazu, obwohl das eigentlich ein Isolator ist). Man beachte,
daß auch Germanium ein indirekter Halbleiter ist, denn Maximum und
Minimum liegen eben nicht beim selbem
k-Wert und lassen sich auch nicht durch Addition oder
Subtraktion von reziproken Gittervektoren untereinander bringen. |
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Wie kommt man darauf? Kann man denn
einem Halbleiter "ansehen", ob er eine direkte oder indirekte
Bandlücke hat? |
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Im Prinzip ja: Man muß nur schauen, wie
sich die Lichtabsorption als Funktion der Frequenz bzw. Wellenlänge (d. h.
der Farbe des Lichtes) verhält. Setzt sie bei einer bestimmtem Frequenz
bzw. Wellenlänge schlagartig und kräftig ein, handelt es sich um
einen direkten Halbleiter. Denn sobald hn = Eg, wird Absorption
möglich. |
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In einem indirekten Halbleiter kann bei hn = Eg nicht kräftig
absorbiert werden, denn es gibt bei dieser Energie ja keine unmittelbare
Impulserhaltung. Erst bei höheren Photonenenergien, die hn = Edirekt entsprechen,
dem direkten Übergang mit der kleinsten Energie, wird die Absorption
kräftig einsetzen. Im Bereich zwischen Eg und
Edirekt wird zwar auch absorbiert (über einen
"Umweg"), aber nur schwach. |
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Dieser Unterschied wirkt sich auf den
Absorptionskoeffizienten a aus; a ist
definiert über die exponentielle Abschwächung von Licht beim
Durchdringen des Materials: Je größer a, desto geringer die Eindringtiefe des Lichtes. |
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Hier ein paar Beispiele für Messungen (vor
allem mit infrarotem Licht) der Wellenlängenabhängigkeit von a bei einigen Materialien; man beachte die Form der
jeweiligen "Absorptionskante": |
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Si und Ge sind die einzigen
indirekten Halbleiter in diesem Diagramm, man sieht den weichen Einsatz der
Absorption sehr deutlich. Beim Germanium sieht man darüber hinaus den
Einfluß der direkten Bandlücke, die bei etwas höherer Energie
liegt (siehe die obige Bandstruktur; beim Silizium "funktioniert" das
nicht, weil dort höher im Leitungsband kein lokales Mininmum vorliegt).
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Damit soll's erst mal genug sein; wir
werden später auf dieses Thema zurückkommen.
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Zu diesem Abschnitt gibt es derzeit weder eine
Übungsaufgabe noch schnelle Fragen.
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© H. Föll (MaWi für ET&IT - Script)